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Aus dem GERICHTSSAAL: Mit über drei Promille auf dem Drahtesel Beschleunigte Verfahren im Amtsgericht

„Ein normaler Mensch kann mit drei Promille nicht mehr Rad fahren“, stellt Amtsrichterin Waltraud Heep klar. Wolfgang W.

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„Ein normaler Mensch kann mit drei Promille nicht mehr Rad fahren“, stellt Amtsrichterin Waltraud Heep klar. Wolfgang W.* (63) brachte es in der Nacht des 11. September gar auf 3,13 Promille. Jetzt muss sich der Außendienstmitarbeiter im beschleunigten Verfahren wegen Trunkenheit im Verkehr verantworten.

„Ich hatte einen alten Bekannten getroffen, mit ihm ein paar Bierchen und Schnäpse getrunken“, erzählt der bislang nicht Vorbestrafte. Auf dem Rückweg sei er von einer Polizeistreife gestoppt worden. Wie er genau nach Hause und ins Bett gekommen sei, wisse er nicht mehr. „Ich kann mich nur noch schwach an die Taxifahrt erinnern“, gibt er zu.

Obwohl der Potsdamer „nur“ sturzbetrunken mit dem Veloziped unterwegs war, muss er um seine Fahrerlaubnis bangen. „Die Führerscheinstelle wird sich bei Ihnen melden. Sie werden sich wohl dem so genannten Idiotentest unterziehen müssen“, klärt ihn die Vorsitzende auf.

Wolfgang W. blickt erschrocken. Ist seine „Pappe“ weg, ist er auch seinen Job los. „Mich interessiert nur die strafrechtliche Seite“, so die Richterin. „Auf Grund der hohen Promillezahl ist eingeschränkte Schuldfähigkeit nicht auszuschließen. Sie haben den Alkohol freiwillig zu sich genommen. Eine Absenkung des Strafrahmens kommt somit nicht in Frage.“ Wolfgang W. erhält eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 30 Euro.

Andreas A.* (34) – vorbestraft wegen Störung des öffentlichen Friedens, Ladendiebstählen und diversen Trunkenheitsfahrten – wird in Handfesseln von zwei Justizbeamten vorgeführt. Der Arbeitslose sitzt derzeit hinter Gittern, weil er eine Geldstrafe von 800 Euro nicht zahlte und wohl auch keine Lust hatte, sie abzuarbeiten.

Die neueste Anklage wirft ihm vor, am 5. August mit 2,28 Promille auf dem Fahrrad unterwegs gewesen zu sein. „Ach Herr A.“, stöhnt Richterin Heep. „Warum schon wieder? Zuletzt habe ich Sie am 16. September verurteilt.“ Entwaffnend offen erklärt der Angeklagte: „Ich lerne es einfach nicht.“ Dabei gefalle es ihm im Gefängnis nicht besonders. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft beantragt drei Monate auf Bewährung für den Wiederholungstäter sowie 100 Sozialstunden. Die Vorsitzende drückt beide Augen zu, verhängt eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen á zehn Euro. „Beim nächsten Mal könnte es eine Freiheitsstrafe werden“, warnt sie.

Martin M.* (28) gab seinem Drahtesel am 29. August mit 2,39 Promille die Sporen. Vor Gericht zeigt er sich renitent, verweist auf ein „Verfahrenshindernis“, da sein Vorname falsch geschrieben wurde. „Sind Sie betrunken gefahren oder nicht?“, beendet Richterin Heep seinen Redefluss. Der zum ersten Mal vor Gericht Stehende nickt und kassiert eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je zehn Euro. Sämtliche Urteile der beschleunigten Verfahren sind bereits rechtskräftig. (*Namen geändert.) Hoga

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