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Homepage: Mit viel literarischem Gespür Die Literaturzeitschrift „schreib13“

Da ist ein Großvater, der eine Selbstmordmaschine erfindet. Im Bad.

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Da ist ein Großvater, der eine Selbstmordmaschine erfindet. Im Bad. Die Autorin Christine Anlauff hatte wirklich so einen Opa. Der in ihrer weihnachtlichen Geschichte erinnert an den Loriot-Opa: „Ich will jetzt endlich mein Geschenk!“. Die 36-jährige Autorin ist eine von zehn Autoren, die im studentischen Kulturzentrum (KuZe) unlängst eigene Texte aus der gerade erschienenen Ausgabe der Literaturzeitschrift „schreib13“ vortrugen.

Christine Anlauff trug ihre Kurzgeschichte „Die Selbstmordmaschine“ locker und unterhaltsam vor. Weil der Opa in ihrer Geschichte keine Lieder singen will, geschieht das familiäre Weihnachtssingen in gestauchter Form: „Es ist enorm, mit welcher Geschwindigkeit man sich durch die Weihnachtsklassiker arbeiten kann, wenn man von allen Liedern nur den Anfang singt“, heißt es da. Die Autorin hat den Witz einer Elke Heidenreich und überzeugt mit einem liebevollen Blick fürs Detail. 2005 hat Christine Anlauff das Buch „Good Morning Lehnitz“ veröffentlicht, dessen Erfolg die vierfache Mutter schließlich dazu bewegte, ihr Studium abzubrechen und sich ganz für die Autorenlaufbahn zu entscheiden. 2002 veröffentlichte sie ihren ersten Text in der Zeitschrift „schreib“ und gewann für ihre Lyrik den 2. Preis. „Diese Veröffentlichung stellte einen Wendepunkt in meinem Leben da, es war mein erster Schritt ins Autorendasein“, erzählte Anlauff.

Im dunklen, gemütlichen studentischen KuZe saßen an diesem Abend über 50 Zuschauer eng beieinander, um den zehn vortragenden Autoren zuzuhören. Kerzen brannten und vorne stand ein Klavier, die Rosa-Prosa-Proleten gaben dem literarischen Treffen einen sehr würdigen musikalischen Rahmen: schön und sanft das „Guten-Tag-Lied“ zum Einklang der Veranstaltung. Es war eine gute Atmosphäre, um Gedanken und Worte mitzuteilen, die sonst oft nicht gesprochen, sondern leise gelesen werden.

Die Hälfte der Autoren kommt aus Berlin, erzählt Christoph Beck, Herausgeber der „schreib13“ und Mitorganisator des Abends. Julian Drews ist Potsdamer und schon lange bei „schreib“ dabei. Er eröffnet die Lesung mit ruhiger Stimme und trägt seine Kurzgeschichte „Vorbei geworfen“ vor. In der Geschichte staunt der männliche Ich-Erzähler über die gleichgültigen S-Bahnfahrer: „Zum Beispiel wenn die Türen von alleine zugehen, da gucken normale Leute doch hin, aber die S-Bahnfahrer nicht, die müssen tun, als ob das völlig normal wäre, das darf man nicht vergessen“.

Ohne Frage ist Beachtliches zu lesen in der 13. Ausgabe von „schreib“, der Zeitschrift für junge Literatur. Es wechseln sich unterhaltsame Texte mit mittelmäßigen ab, einzigartige Formulierungen stehen neben Durchschnittlichem. Christoph Beck betont, dass „schreib“ bewusst eine kleine, nicht-kommerzielle Zeitschrift ist, die als kulturelles Forum in Potsdam gedacht ist und die auch Texte von unbekannten Autoren veröffentlicht, die es auf dem Markt sonst schwer hätten. Natürlich gibt es ein „schreib14“, Einsendungen werden ab sofort angenommen (www.schreib.org). Marie Preissler

Marie Preissler

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