Aus dem GERICHTSSAAL: Mitbewohner geschlagen
Psychisch Kranker verletzte Zimmernachbarn Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu fünf Euro
Stand:
Robert R.* (46) leidet an einer psychischen Erkrankung. Nimmt er seine Medikamente regelmäßig, bekommt er die Auswirkungen gut in den Griff. Doch manchmal vergisst der hagere Mann, die Pillen zu schlucken. Dann rastet er aus, lässt auch mal die Fäuste sprechen. Das brachte ihn jetzt sogar vor Gericht. Allerdings ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Robert R. die ihm zur Last gelegten Taten im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat. Seinen Einspruch gegen einen Strafbefehl wegen Beleidigung von zwei Betreuern seiner ehemaligen Wohngruppe zog der Angeklagte zu Prozessbeginn zurück. Er akzeptierte die Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je fünf Euro, immerhin ein Monatseinkommen des in einer Behindertenwerkstatt Arbeitenden.
Beim zweiten Anklagepunkt betonte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung. Aus Wut über die Störung seines Morgenschlafs soll Robert R. am 18. Dezember 2011 gegen 5.45 Uhr seinem Zimmernachbarn eine Vielzahl von Schlägen versetzt haben. Das Opfer erlitt eine zwei Zentimeter große Kopfplatzwunde, die ärztlich versorgt werden musste, und diverse schmerzhafte Prellungen.
„Mein Nachbar hämmerte richtig doll gegen die Wand. Das hörte sich an, als würde er Haken einschlagen“, erzählte Robert R. „Ich bin rübergegangen und habe ihn zur Rede gestellt. Schließlich wollte ich weiterschlafen. Na ja, ich habe ihn auch ein bisschen geschubst. Da ist er hingefallen“, räumte der unter Betreuung Stehende ein. „Dann habe ich ihm noch zwei oder drei Faustschläge gegeben.“ Eigentlich habe er sonst keinen Stress mit dem Mitbewohner. „Der verschwindet immer schon gegen 18 Uhr in seinem Zimmer“, so der Angeklagte.
Obwohl er sich bei seinem Opfer entschuldigte, hatte der Vorfall erhebliche Konsequenzen für Robert R. Kaum war er wieder eingeschlafen, klopfte es erneut, diesmal an die Tür. „Mein Betreuer stand draußen. Er verlangte, dass ich mit ihm in die Klinik fahre. Andernfalls würde er die Polizei holen“, berichtete der bislang nicht Vorbestrafte „Und ich bin aus der Einrichtung geflogen.“ Anschließend sei er vier Monate in der Psychiatrie In der Aue therapiert worden. Jetzt habe er eine eigene Wohnung, die er auf jeden Fall behalten wolle. Mithilfe seines Betreuers komme er gut klar, schätzte der Potsdamer ein. Und er wisse jetzt, wie wichtig die regelmäßige Medikamenteneinnahme sei.
Der Vertreter der Anklage regte an, das Verfahren im Hinblick auf die im Strafbefehl ausgesprochene Geldstrafe einzustellen, da die Sanktion, die Robert R. wegen der Faustschläge zu erwarten habe, nicht entscheidend ins Gewicht fallen würde. Außerdem habe sich der Erkrankte seitdem nichts mehr zuschulden kommen lassen. Das Gericht unter Vorsitz von Kerstin Nitsche stimmte dem zu. (*Name geändert.) Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: