Links und rechts der Langen Brücke: Mitropa am Karpfenteich
Guido Berg echauffiert sich über den Bau der Weissen Flotte im Lustgarten
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Eines verdeutlicht die Debatte um einen Neubau für die Weisse Flotte im Lustgarten: Die Stadtverwaltung hat für die städtebauliche Entwicklung Potsdams keinen Plan. Am allerwenigsten Oberbürgermeister Jann Jakobs, der auf der Suche nach einem Sündenbock für das Lustgarten-Debakel ausgerechnet die angreift, die einen Plan für den Lustgarten haben, das Architekturbüro Dietz-Joppien. Das Büro plante zur Bundesgartenschau die Wiederherstellung des 300 Jahre zuvor nach Versailler Vorbild errichteten Neptunbeckens. 2001 war das ein weit über die Bundesrepublik hinaus wahrgenommenes Bekenntnis zu Potsdam als Stadt der Gärten und Parks. Ein lächerliches Dutzend Jahre später ist das Makulatur. Während das Land mit der Errichtung eines Landtagsschlosses à la Knobelsdorff über alle Schatten springt und der Mitte eine Architektur schenkt, die für mindestens 300 Jahre gut ist, genehmigt die Stadt im dazugehörigen Schlossgarten den Bau einer Art Mitropa. Das Neptunbecken – ein Stück französischer Sonnenkönig-Architektur in Potsdam und somit Zeugnis europäischer Geschichte – wird degradiert zum dazugehörigen Karpfenteich. Ahnungslose Touristen werden fragen, was zuerst da war, das Becken oder der Winkens-Bau? Da werden die Potsdamer Ortsfremden erklären müssen, wie das kam, das da zusammengebaut wurde, was nicht zusammengehört. Wie soll sich das anhören? „Es war einmal ein Oberbürgermeister, der wollte – übrigens vergebens – eine Kunsthalle anstelle des Mercure-Hochhauses und deshalb musste Jan Lehmann von der Weissen Flotte seinen Neubau woanders bauen und da fand sich nur der Rand des Neptunbeckens “ An diesen Zeilen wird klar, dass Potsdam momentan nicht dabei ist, Geschichte zu schreiben, wie noch beim Landtagsschloss, sondern alberne Geschichten. Ausgerechnet Architekten, die es besser wissen, werden zu Helfershelfern des Kulturfrevels. Karl-Heinz Winkens, Architekt des Flotten-Neubaus, ist Professor an der Potsdam School of Architecture, die sich die Achtung der Umgebung, der Nachbargebäude, des Vorhandenen auf die Fahnen geschrieben hat. Winkens plante den Flottenbau zunächst als Anbau an das Mercure-Hochhaus, ein DDR-Moderne-Bau von 1969. Da machte das Quadratische Sinn. Dann muss er seine Konstruktion hundert Meter weiter verschieben – an einen Lustgartenteich von 1700. Ein größerer Kontext-Wechsel ist kaum denkbar, ein Student, der das nicht erkennt, fällt durch jede Prüfung. Der Professor aber problematisiert das mit keinem einzigen Wort!
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