Landeshauptstadt: Mitwisser – oder nicht?
Streit um Information zu Korruptionsfällen
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In der Potsdamer Korruptionsaffäre haben Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg und Lutz Boede von Die Andere bestritten, dass die Stadtverordneten über den Korruptions-Verdachtsfall in der Ausländerbehörde ausreichend informiert gewesen seien. Scharfenberg sagte gestern, er halte an seinem Vorwurf fest, dass die Stadtspitze ihre Informationspflicht vernachlässigt habe. Boede sagte, die Verwaltung habe „nur in sehr geringem Umfang“ über den Verdachtsfall berichtet. Die Stadtverordneten seien keine Mitwisser gewesen.
Dass die Stadtverordneten wohl aller Fraktionen über den Vorfall in der Behörde Bescheid wissen konnten, darauf hatte SPD-Fraktionschef Mike Schubert am Montag hingewiesen. Laut Schubert hat Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im nicht-öffentlichen Teil der Hauptausschuss-Sitzungen im Dezember 2007 und Februar 2008 über den Verdacht informiert. Dies geht auch aus den Protokollen der Sitzungen hervor. Festgehalten ist zudem, welche Stadtverordneten anwesend waren. Der Streit über das Wissen um den Korruptions-Verdacht ist entbrannt, weil SPD-Fraktionschef Schubert kritisiert hatte, dass Politiker von Linke und CDU die Stadtspitze zur Aufklärung und Information der Öffentlichkeit aufgefordert hatten, ohne preiszugeben, dass die Stadtverordneten informiert worden waren.
Linke-Fraktionschef Scharfenberg bemängelte gestern genau wie Boede, dass die Stadt die Stadtverordneten zunächst nur über „Unregelmäßigkeiten“ und später nur auf erneute Nachfrage informiert habe. Über den zweiten Korruptions-Verdacht in der Geschäftsstelle für Arbeitsmarktförderung habe die Stadt zudem gar nicht informiert, sagten Scharfenberg und Boede. Darauf habe sich seine Kritik vor allem bezogen, so Scharfenberg. Boede kritisierte zudem eine generelle Praxis der „Interessenvermischung und eine Kultur der Nichtöffentlichkeit“ in Potsdam. Dies bilde den Nährboden für „Parteibuchwirtschaft und Korruption“.
Die zwei Korruptions-Verdachtsfälle, die sich bereits 2005 und 2007 ereigneten, waren erst nach Medienrecherchen bekannt geworden. Gegen beide mittlerweile entlassene Mitarbeiter der Stadt ermittelt die Staatsanwaltschaft. SCH
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