
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Modell zur Bürgerbeteiligung gestartet
Konferenz mit über 80 Teilnehmern im Bürgerhaus Schlaatz / Unabhängiges Bürgerbüro gefordert
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Ein „unabhängiges Bürgerbüro“: Das ist die einzige wirklich konkrete Forderung, die auf der ersten Potsdamer Bürgerbeteiligungskonferenz am Samstag erarbeitet worden ist. Dennoch sei die Landeshauptstadt auf einem guten Weg zu einem Modell der Bürgerbeteiligung, so die nahezu einhellig geäußerte Meinung der circa 80 Teilnehmer der Konferenz im Bürgerhaus Am Schlaatz.
Teilnehmer der achtstündigen Veranstaltung waren neben interessierten Bürgern, Vertretern einiger Stadtfraktionen und der Verwaltung vor allem Mitglieder von Bürgerinitiativen, die mehr Mitspracherecht bei den sie betreffenden Veränderungen fordern. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) war von Anfang bis Ende anwesend und beteiligte sich in den Arbeitsgruppen. Abgesehen von der Forderung nach einem „unabhängigen Bürgerbüro“ gab es keinen konkreten Maßnahmekatalog. Dieser soll einer weiteren Konferenz, für deren Vorbereitung sich eine Koordinierungsgruppe gebildet hat, vorbehalten sein. Wie Stadtsprecher Stefan Schulz am Rande der Konferenz erläuterte, seien für das Bürgerbüro zwei Stellen im Haushalt eingeplant. Mit der Besetzung habe sich die Verwaltung Zeit gelassen, um die konkreten Vorstellungen der Bürgerschaft zu berücksichtigen.
Der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Peter Schüler (Die Grünen), der zum Vorbereitungsteam gehörte, wertet die Veranstaltung positiv. Zwar könne Bürgerbeteiligung nicht an die Stelle von Verwaltung und Politik treten, doch müsse die Zusammenarbeit miteinander „auf Augenhöhe“ stattfinden. Im Gegensatz zur „aufgeheizten Atmosphäre“ im September-Workshop empfinde er die Stimmung als ausgesprochen angenehm. Damals hatten sich Bürger vehement gegen Verordnungen „von oben“ ausgesprochen.
Zur sachlichen Atmosphäre hat offenbar die „Open-Space“-Methode des Berliner Büros „Blau“ beigetragen. „Open Space“ – offener Raum – lässt die Diskussion wie in einer großen Kaffeepause ablaufen; die Teilnehmer äußern sich ungezwungen und wechseln je nach Stimmung die Arbeitsgruppen, dazu gibt es ein kostenloses Büfett.
Vor Beginn der Arbeitsgruppen haben sich die Teilnehmer im großen Saal des Bürgerhauses in einem Kreis zusammengesetzt und Vorschläge gesammelt. Über „unverständliche Dinge, die in Alt Nowawes passieren“, beklagt sich Sabine Mohr und fragt: „Wo ist ein Raum, in dem ich engagierte Bürger treffen kann?“ Axel Popp vermutet, dass die Verwaltung nicht besser mit Geld umgehen kann als die Bürger und fordert mehr „direkte Demokratie“ außerhalb der Politik von Parteien. Das „Recht auf Stadt“ machen vor allem die Jungen geltend und fast alle wollen „mehr Offenheit und Information“. Auf über 50 handschriftlich verfassten Blättern ist am Ende der Bürgerwille niedergeschrieben. Inzwischen ist das gesamte Material bereits unter www.potsdam.de im Internet zu finden.
Am Ende gibt es viele positive Stimmen. „Das war heute eine gute Diskussion und ich will weiter mitwirken“, sagt etwa Thomas Gaede von den Potsdamer Piraten, die mit einer kleinen Crew teilgenommen hatten. Oberbürgermeister Jann Jakobs verspricht, dass es beim Thema Bürgerbeteiligung nun schneller vorangeht: „Ich hoffe, dass in absehbarer Zeit die Ergebnisse so konkretisiert vorliegen, dass daraus ein von vielen getragenes Bürgerbeteiligungsmodell entsteht.“
Kritischer äußerte sich Linke-Kreischef Sascha Krämer – die Konferenz sei zwar ein erster positiver Schritt gewesen. Doch hätten normale Bürger gefehlt, stattdessen seien zahlreiche Funktionsträger vor Ort gewesen. „Wir sollten gemeinsam überlegen, wie man den Bürger erreicht und wie wir die Voraussetzungen für die demokratische Teilhabe aller schaffen“, sagte Krämer. Denn für Veranstaltungen wie am Samstag sei viel frei verfügbare Zeit nötig. Zugleich müsse die Stadtverwaltung bereit sein, einen „gewissen Teil“ ihrer politischen Macht abgeben zu müssen, forderte Krämer.
Günther Schenke
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