Landeshauptstadt: Moderne Klinik hinter alter Fassade
Der Neubau des St. Josefs-Krankenhauses wird morgen eingeweiht
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Brandenburger Vorstadt - „Der Neubau war dringend erforderlich und gleichsam eine Überlebensfrage für das St. Josefs-Krankenhaus“. Dieses Aussage der Kaufmännischen Direktorin des traditionsreichen Hauses Adelheid Lanz stammt vom Januar 2002. Damals existierte der Krankenhausneubau, der morgen feierlich eingeweiht wird, lediglich in den Köpfen und auf den Bildschirmen der zuständigen Architekten. Jetzt ist der erste und wesentliche Bauabschnitt fertig.
Bis zur letzten Minute arbeiteten die Bauleute fieberhaft und auch jetzt stehen noch einige Restarbeiten wie die Gestaltung der Außenanlagen aus. Aber die Konturen des neuen Hauses sind erkennbar: Auf der Nordseite ein moderner Putz- und Glasbau, in deren Scheiben sich das Mutterhaus spiegelt und an der Zimmerstraße das alte Fassadenbild. Die gesamte Häuserzeile in der Zimmerstraße ist abgerissen worden, nur die historische Fassade blieb stehen. Wertvolle Teile der Inneneinrichtung wie einen kostbarer Fußboden haben die Restauratoren zuvor gesichert.
Hinter der historischen Fassade befanden sich vor dem Abriss vier internistische Stationen, zwei Arztpraxen, ein Seniorenpflegeheim, ein Labor, eine Krankenpflegeschule mit 75 Schülerinnen, der klinische Arztdienst und der Speisesaal. 143 Krankenhausbetten hatte das alte Haus. Wohin mit all dem, wenn abgerissen wird? Die Antwort hieß: Bau eines Hilfskrankenhauses. Westlich des Mutterhauses, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Eingang in den Sanssouci-Park, entstand innerhalb kurzer Zeit ein Krankenhausprovisorium, das viele Funktionen des abgerissenen Altbaus übernahm.
Drei Jahre Bauzeit waren von Anfang an für das neue Haus vorgesehen, ein Zeitplan, der um einige Monate überschritten wurde.
Das Berliner Architektenbüro Engel und Zimmermann lieferte die Planungen für das Haus und für die Freiraumgestaltung die Landschaftsarchitekten Levin und Monsigny, ebenfalls aus Berlin. Der architektonische Entwurf von Jürgen Engel war bereits 1999 aus einem deutschlandweiten Wettbewerb als Sieger hervorgegangen.
Die Auflage der Denkmalpflege zum Erhalt der Fassade an der Zimmerstraße hat den Bau zwar enorm verteuert, aber jeder sieht jetzt, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Jahrelang musste die Häuserwand durch ein stählernes Stützgerüst gesichert werden, was die Benutzbarkeit der Zimmerstraße, einer wichtigen Wegebeziehung für die Bewohner der Brandenburger Vorstadt zur Innenstadt, erheblich einschränkte. Jetzt ist der Blick aus der schmalen Straße zum Brandenburger Tor im Wesentlichen wieder frei.
Eine zeitlang schien es, als würde aus dem neuen St. Josefs-Krankenhaus am Ende doch nichts werden; ein Grund für die Überschreitung der Bauzeit. Der Altbau war schon abgerissen, da kam im Jahre 2003 vor allem aus wirtschaftlichen Erwägungen der Gedanke einer Fusion der beiden großen Potsdamer Krankenhäuser auf. Doch die Fusion des städtischen Klinikums Ernst von Bergmann mit dem katholischen St. Josefs Krankenhaus scheiterte. In der Dezember-Stadtverordnetenversammlung 2003 machte Oberbürgermeister Jann Jakobs deren Mehrheitsentscheidung dafür verantwortlich. Die Stadtverordneten hatten sich dagegen ausgesprochen, die von der katholischen Kirche nicht erlaubten Schwangerschaftsabbrüche ambulant von niedergelassenen Ärzten und stationär in einer Berliner Klinik ausführen zu lassen. Die Ablehnung dieses Verfahrens war der mehr oder weniger vorgeschobene Grund, auf ein Zusammengehen zu verzichten. Andere Gründe, zum Beispiel Überlegungen zur künftigen Privatisierung, gehören in den Bereich der Spekulation. Klinikum und St. Josefs Krankenhaus gehen fortan unwiderruflich getrennte Wege, jeder mit seinen eigenen Neubau-Investitionen, für jede Einrichtung zirka 60 Millionen Euro.
Schon am Tag nach der gescheiterten Fusion hatte Reinhard Nieper, Geschäftsführer der Alexianerbrüder als Träger des Krankenhauses, die Baufirmen beauftragt, die Arbeiten am gestoppten Bau wieder aufzunehmen. Fünf Monate hatte er still gestanden. Am 4. Mai 2004 griffen Ministerpräsident Matthias Platzeck und Georg Kardinal Sterzinsky schließlich symbolisch zum Spaten, um den Neubau zu starten. Anderthalb Jahre später, am 1. Oktober 20004, fand das Richtfest statt.
Der funktionelle viergeschossige Neubau entlang der Zimmerstraße erforderte in der Nähe zum Weltkulturerbe eine einfache und klare Bauweise, äußerte der Architekt: Über einen gläsernen zweistöckigen Wandelgang ist er mit dem Mutterhaus verbunden. In den beiden oberen Geschossen stehen 142 Krankenhausbetten. Weiterer „Inhalt“: Rettungsstelle, Not- und Patientenaufnahme, Operationssäle, Intensivstation, Radiologische Diagnostik, Endoskopie und die Entbindungsstation mit Kreißsaal.
Noch in der Gestaltung ist der neue Patientengarten zwischen Mutterhaus und Neubau. Der alte Baumbestand schafft schon jetzt eine angenehme Atmosphäre. Der Haupteingang befindet sich bereits seit einiger Zeit an der Zimmerstraße. Hier fahren die Rettungswagen vor und hier gibt es auch Parkmöglichkeiten für das Klinik-Personal. Besucherstellplätze entstehen im Schatten einer Neupflanzung westlich des Altbaus.
Für die Zukunft bleibt noch genug zu tun. Ein Altbau-Rest an der Zimmerstraße wartet noch auf Sanierung; ebenso der größte Brocken, das aus dem Jahre 1887 stammende Mutterhaus. Der alte Eingang von der Allee nach Sanssouci aus bleibt als Nebeneingang erhalten. Er dient später der separaten Erschließung der hier ansässigen Arztpraxen sowie der Schwesternschule und Verwaltung. In einer Verlautbarung des Klinikdirektoriums heißt es: „Am Ende des Weges, so hoffen wir, wird ein St. Josefs-Krankenhaus stehen, in dem der Patient nicht nur Kranker, sondern zugleich ein Gast ist.“
Günter Schenke
Günter Schenke
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