Landeshauptstadt: Montessori-Schule zeigt: „Es geht auch anders“
Im Wettbewerb um den Deutschen Schulpreis nahm eine Fachjury die Oberschule 22 unter die Lupe
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Einhundert Jahre nachdem Maria Montessori das erste Kinderhaus im Arbeiterviertel San Lorenzo von Rom eröffnete, könnte hierzulande eine Montessori-Schule den Deutschen Schulpreis gewinnen. Die Potsdamer Oberschule 22, die nach der Pädagogik der italienischen Ärztin und Erziehungsreformerin arbeitet, empfing in der vergangenen Woche eine Fachjury der Robert Bosch- und der Heidehof Stiftung, die gemeinsam mit dem ZDF und dem Magazin „Stern“ zum zweiten Mal den mit 50 000 Euro dotierten Schulpreis vergeben.
Nach der zweitägigen Visite war das Urteil der Experten einhellig: Die Kinder kommen gern in diese Schule. Sie profitieren von den Montessori-Materialien, nutzen die Angebote selbstständig und kreativ, übernehmen Verantwortung für das eigene Lernen. Ihre Interessen vertreten sie selbstbewusst und wissen in Konfliktsituationen Kompromisse auszuhandeln. Wegen des ausgeklügelten, vielschichtigen Bewertungssystems, das weitgehend auf Zensuren verzichtet, herrsche eine offene, angst- und stressfreie Lernatmosphäre. Gelobt wurde auch das hohe, sehr differenzierte Engagement der Eltern, die sich durchaus kritisch äußerten, aber sich gleichzeitig bewusst in die Gestaltung des Schullebens einbrächten.
In Hospitationen und Gesprächen mit Schülern, Lehrern und Eltern hatten die Juroren überprüft, inwieweit die eingereichten Bewerbungsunterlagen und das pädagogische Konzept der Schule mit der Praxis übereinstimmen. Wichtigstes Bewertungskriterium sind die von den Schülern erbrachten Leistungen. Ebenso interessierte der Umgang mit Vielfalt und Verantwortung, die Unterrichtsqualität, das gesamte Schulklima und ob die Schule selbst sich als lernende Institution versteht.
Schulleiterin Ulrike Kegler empfand den Besuch der Fachjury nicht als Prüfungssituation. Vielmehr ist sie stolz und glücklich, dass sich ihre Schule präsentieren konnte. Immer schon sei die Potsdamer Montessori-Schule offen für Besucher gewesen und richte selbst ihren „Blick über den Zaun“ hin zu anderen, von denen man lernen könne. Nicht zuletzt nutzt die Schule den Wettbewerb als Möglichkeit zur Selbstevaluation.
Um möglichst viele reforminteressierte Bildungseinrichtungen an den innovativen Konzepten und den positiven Erfahrungen der Preisträger teilhaben zu lassen, werden die Wettbewerbssieger für drei Jahre in die Akademie des Deutschen Schulpreises aufgenommen. Sie gilt als eine Plattform für den gegenseitigen Austausch und die Vermittlung guter Praxis.
Unter dem Motto „Es geht auch anders“ hatten sich 170 Schulen unterschiedlicher Formen und Größe um den Deutschen Schulpreis beworben. 14 kamen in die engere Auswahl und wurden in den vergangenen Wochen genauer in Augenschein genommen. Bis Ende September wird die Auswahlkommission zehn Schulen für den ersten Preis und für vier weitere Anerkennungen dotiert mit jeweils 10 000 Euro nominieren. Im Dezember fällt die Entscheidung. Sollte die Wahl die Potsdamer Schule treffen, dann könnte dies zu einem krönenden Abschluss des international gefeierten Montessori-Jahres 2007 werden. Antje Horn-Conrad
Antje Horn-Conrad
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