Landeshauptstadt: Moralische Schuld bleibt
Tod in der Maulbeerallee: Siebeneinhalb Jahre Haft
Stand:
Reno G. (26) muss wegen fahrlässiger Tötung, vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Diebstahls im besonders schweren Fall sowie Unfallflucht für siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Vor Ablauf von fünf Jahren darf ihm keine Fahrerlaubnis erteilt werden, urteilte gestern das Landgericht. Der Haftbefehl bleibt aufrechterhalten. Der Potsdamer nahm die harte Sanktion, die sich mit dem von der Nebenklage beantragten Strafmaß deckt, äußerlich unbewegt zur Kenntnis. Auch während der vorhergehenden vier Prozesstage hatte der Arbeitslose kein Zeichen von Reue gezeigt, sich dafür als Opfer unglücklicher Umstände aufgespielt.
Der Alkoholiker hatte am Abend des 25. Februar – betrunken und im Beisein seiner minderjährigen Freundin – zielgerichtet einen alten Opel Kadett in Eiche gestohlen und in Gang gesetzt. In der Maulbeerallee erfasste er mit gut 80 Stundenkilometern – erlaubt sind hier 30 km/h – die auf ihrem ordnungsgemäß beleuchtetem Rad fahrende Helen A.. Das Mädchen prallte gegen die Frontscheibe des Opel, wurde danach über das Fahrzeug geschleudert. Sie erlitt schwerste Hirn- und Schädelverletzungen, fiel ins Koma. Reno G. und seine Freundin flüchteten zu Fuß. Fünf Tage später war Helen A. tot (PNN berichteten).
„Der Angeklagte legte ein Verhalten an den Tag, wie es pflichtwidriger nicht sein kann“, führte Kammervorsitzender Tiemann in seiner Urteilsbegründung aus. „Die Kammer hat schon diskutiert, ob man von Vorsatz ausgehen könne. Dies war dem Angeklagten dann aber doch nicht zu beweisen.“
Da der unter anderem wegen zahlreicher Autodiebstähle, Trunkenheitsfahrten, Raubes, Unterschlagung und Freiheitsberaubung Vorbestrafte zum Zeitpunkt der Tat eine Blutalkoholkonzentration von 2,44 Promille aufwies, könne von verminderter Schuldfähigkeit ausgegangen werden, so Tiemann. „Der Angeklagte wusste, dass er unter Alkoholeinfluss zu Straftaten neigt.“ Deshalb machte die Kammer keinen Gebrauch davon, die Strafe zu mildern.
„Die Katastrophe nahm ihren Anfang im unkontrollierten Trinkverhalten von Reno G.. Egozentrik, verbunden mit der fehlenden technischen oder intellektuellen Fähigkeit, Auto zu fahren, führten schließlich zu dem Unfallgeschehen“, resümierte der Vorsitzende. Den Eltern von Helen A. – sie traten im Prozess als Nebenkläger auf – sagte er: „Das Urteil schafft keine Gerechtigkeit. Das ist auch nicht Aufgabe des Gerichts. Der Angeklagte aber muss mit seiner moralischen Schuld weiter leben, auch wenn er die Strafe längst verbüßt hat.“ Hoga
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