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Landeshauptstadt: Morgenrot auf Potsdams Bühne

Ein Baustellen-Besuch: Endspurt für den Neubau des Hans Otto Theaters an der Schiffbauergasse

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Erfahrung ist heutzutage alles. Sagt man. Man darf eigentlich immer nur machen, was man schon “mal gemacht hat. Bei Erich Münkner ist das anders. Er arbeitet beim Kommunalen Immobilienservice der Stadt und ist der Projektleiter für den Neubau des Hans Otto Theaters in der Schiffbauergasse. Münkners Augen senken sich nicht verlegen bei der Frage, wie viele er schon gebaut hat – sie leuchten auf: „Ein Theater“, sagt er mit bedeutsamer Stimme, „baut man meistens nur ein Mal im Leben.“ Der letzte Theaterneubau in den neuen Bundesländern wurde 2003 in Erfurt eingeweiht, in den alten 1995 in Kaiserslautern. Die Erfurter hatten „60 bis 80 Millionen Euro“ zur Verfügung, Münkner dagegen für das neue HOT nur 26,5 Millionen Euro. „Potsdams Kunst ist klein und fein“, sagte er schmunzelnd, während er gestern Pressevertreter durch das Innenleben seines Lebenswerkes führte. Wie die Baubeigeordnete Elke von Kuick- Frenz mitteilt, liegt der Bau sowohl im Zeit- als auch im Kostenrahmen – „das ist alles andere als selbstverständlich“. Letzteres auch deshalb: „Wir durften zu keiner Phase davon ausgehen, auch nur einen Cent mehr zu bekommen“, so Münkner. „Wir mussten uns bescheiden.“ Der Zeitplan sieht so aus: Am 1. April öffnet der Backstage-Bereich – das Areal für die Schauspieler einschließlich der Maske. Ab 1. Mai beginnt die technische Inbetriebnahme. Offizielle Einweihung ist am Abend des 22. September 2006. Laut HOT-Sprecher Volkmar Raback soll es eine Woche lang Eröffnungsabende geben, damit auch möglichst viele Potsdamer ihr neues Theater erleben können. 474 Plätze bietet das Haus mit den markanten roten Muschelschalen, wenn der Orchestergraben geschlossen und überstuhlt ist, 404 Plätze bei Musiktheater, wenn das Orchester im Graben spielt. Raback nennt die Platzzahl „ausreichend“, ist sich aber sicher , dass das neue Haus an jedem seiner etwa 250 Spielabende im Jahr voll sein wird. 700 bis 800 Menschen können im HOT feiern oder ein Rockkonzert besuchen, wenn die Zuschauerreihen nach unten versenkt sind und so eine große Veranstaltungsfläche entsteht.

Doch soweit ist es noch nicht, gestern waren Bauarbeiter damit beschäftigt, den Eisernen Vorhang zu installieren. Bei Feuer wird er herunter gelassen und trennt den Zuschauerraum von der Bühne. Zudem wird die Bühnentechnik eingebaut. Der Bühnenturm ist 22 Meter hoch, auf der ersten Galerie zeigt Münkner den Schnür- und den darüber liegenden Rollenboden. Alle 25 Zentimeter wird ein Seilzug bereit stehen, an dem ein Schauspieler oder ein Requisitenstück nach oben gezogen werden kann. Das Bühnensystem, die Seilzüge, die Beleuchtung, erklärt Münkner, orientiert sich an den Gegebenheiten in den Theatern von Frankfurt/Oder und Brandenburg/Havel. So könne jede Inszenierung relativ problemlos im Theaterverbund umziehen und in den drei Städten gezeigt werden. Die Bühnentechnik koste mit vier Millionen Euro mehr als der Rohbau des Theaters. 2003 hatte das Land noch Fördermittel aus dem Hauptstadtvertrag nachbewilligt, um eine bessere als zuerst geplante Technik verwenden zu können. Mit diesem Geld, so Münkner, konnte eine ursprünglich nicht vorgesehene Beleuchtungsbrücke gebaut werden.

Bereits fertig gestellt ist die seeseitige Glasfassade, die nach Ansicht der Baubeigeordneten „welteinmalig“ ist. Wenn über dem Babelsberger Park die Sonne aufgeht, scheint das Morgenrot bis auf die Bretter, die die Welt bedeuten. So können die Schauspieler bei Tageslicht auf der Bühne proben, die auch eine Drehscheibe mit einem Durchmesser von zehn Metern erhält. Weiteres Bühnenspezial: die Personenversenkung, mit der ein Schauspieler quasi aus der Unterwelt kommend auftreten kann: Dampf, flackerndes Licht, Donnergroll – und Mephisto steht plötzlich auf der Bühne. Damit die Szene wirklich gruselig wirkt, muss der Theatersaal natürlich – von der künstlichen Beleuchtung abgesehen – stockfinster sein. Daher wird während der Vorstellung ein schwarzer Vorhang zwischen den Doppel-Fensterscheiben herabgelassen. Er muss hundertprozentig abschottend sein. „Kommt auch nur ein Sonnenstrahl mit 1000 Lux durch, ist es drinnen hell“, weis Münkner.

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