Sport: „Motivation fehlt zum Weitermachen“ Claudia Grunwald hängt die Spikes an den Nagel
Frau Grunwald, Sie haben zu Wochenbeginn das Ende Ihrer Leistungssport-Karriere als 400-Meter-Läuferin des SC Potsdam erklärt. Sind Sie überrascht, wenn man sagt, dass Ihr Schritt nicht überraschend kommt?
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Frau Grunwald, Sie haben zu Wochenbeginn das Ende Ihrer Leistungssport-Karriere als 400-Meter-Läuferin des SC Potsdam erklärt. Sind Sie überrascht, wenn man sagt, dass Ihr Schritt nicht überraschend kommt?
Nein. Viele Menschen, die sehr eng mit mir zusammen waren, wussten das bereits vorher. Überraschend kam meine jetzige Erklärung daher wirklich nicht.
Warum machen Sie jetzt Schluss?
Nachdem ich mit London meine dritten Olympischen Spiele verpasst hatte, habe ich erst überlegt, ob ich noch ein Jahr ranhänge. Bis Olympia 2016 weiterzumachen wäre sowieso nicht in Frage gekommen. Aber ich habe gemerkt, dass mir die Motivation fürs Weitermachen fehlt. Bei noch einer Weltmeisterschaft zu laufen reizt mich einfach nicht mehr, das hatte ich schon mehrmals. Bei Olympischen Spielen ist das etwas anderes, da versucht man, nochmal alles zu geben.
Wie groß waren im Frühsommer Frust und Enttäuschung bei Ihnen, als feststand, dass Olympia in London ohne Sie stattfindet?
Sehr groß – bei meinem Trainer Frank Möller und bei mir. Wir hatten beide doch ganz schön daran zu knabbern, weil die Pläne ganz anders aussahen. Wir hatten bis zuletzt gehofft, dass ich es noch schaffe, aber wir haben selber einen Fehler gemacht, den wir später bitter bereut haben.
Welchen Fehler?
Im letzten Trainingslager mit der Nationalstaffel habe ich mit einer sehr starken Erkältung zu früh wieder zu trainieren begonnen und mich, wie man so sagt, in den Keller trainiert. Aus dem bin ich nicht mehr rechtzeitig genug rausgekommen.
Woran denken Sie am liebsten, wenn Sie an Ihre Karriere als Claudia Hoffmann auf den 400 Metern zurückblicken?
Da gibt es mehrere Erlebnisse. Sicher, Silber mit der Staffel bei den Europameisterschaften 2010 war mein größter Erfolg. Großartig war es aber auch, als ich bei Olympia 2008 den Finaleinzug unserer Staffel gesichert hatte. Und toll war schon die WM 2003, als ich die Staffel das allererste Mal vor 65 000 Zuschauern gelaufen bin, damals noch mit einer Grit Breuer. Das sind so Momente, die mir immer in Erinnerung bleiben werden.
Und was war Ihre bitterste Stunde?
Als es in diesem Jahr nicht so klappte wie in den Jahren zuvor, in denen ich bei den internationalen Höhepunkten immer fester Bestandteil der Staffel war.
Würden Sie, wenn Sie die letzten Jahre wiederholen könnten, alles noch einmal genau so machen wie geschehen?
Ja, bis auf eine Ausnahme: Ich würde früher auf die 800 Meter wechseln. Dieses Projekt hätten wir früher als 2009 starten müssen, dann hätten wir dort ein Stück erfolgreicher werden können. Sicher besser als meine Bestzeit von 2:01:18 Minuten. Ob es dann für London gereicht hätte, kann man aber natürlich nicht sagen.
Ihr Trainer verliert mit Ihnen seinen bisher national und international erfolgreichsten Schützling. Wie hat Frank Möller auf Ihren Entschluss reagiert, aufzuhören?
Wir hatten beide das ganze Jahr schon darüber gesprochen, so dass er nicht aus allen Wolken fiel. Wir sind ja immer offen miteinander umgegangen.
Sie haben lange bei ihm trainiert.
17 Jahre, dadurch gibt es auch ein sehr enges Verhältnis, er war immer so etwas wie mein zweiter Papa. Und der Kontakt wird jetzt auch nicht abbrechen. Ich bin mit meinem Mann David jetzt von Berlin nach Fahrland gezogen und wohne dort bei ihm knapp um die Ecke.
Werden Sie dem Sport erhalten bleiben? Sie studieren ja Sportmanagement an der Europäischen Sportakademie in Potsdam.
Wenn es sich ergibt, würde ich sehr gern irgendwie im Sport tätig werden. Der war schließlich immer eine große Liebe von mir. Aber man muss erstmal gucken, welche Türen sich da vielleicht öffnen.
Wäre angesichts Ihrer vielen Erfahrungen der Trainerjob auch etwas, was Sie sich vorstellen könnten?
Nein, im Moment jedenfalls nicht.
Werden Sie später mal als Seniorensportlerin auf die Laufstrecken zurückkehren?
Definitiv nicht. Ich hänge meine Spikes jetzt endgültig an den Nagel und hole sie nicht in zehn Jahren da wieder runter.
Das Interview führte Michael Meyer.
Claudia Grunwald (29), ehemals Hoffmann, vom SC Potsdam wur- de mit der 4mal-400- Meter-Staffel u. a.
8. bei Olympia 2008, WM-6. 2005 und -5. 2009 sowie EM-2. 2010 und 5. 2006.
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