Sport: „Motivationsschub“
Jörg Hoffmanns Schwimmer lernen vorm Weltcup von Südafrikanern
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Am kommenden Wochenende steht in Berlin der Arena-Weltcup der Schwimmer auf der Kurzbahn auf dem Programm. Der Bundesstützpunkt Potsdam wird dabei mit insgesamt acht Aktiven am Start sein (siehe Kasten) – sieben aus der Schar um Trainer Jörg Hoffmann, einer aus der jüngeren Trainingsgruppe um Mathias Pönisch.
Mit welchen Erwartungen werden Sie Ihre Schützlinge ins Berliner Wendenkarussell schicken, Herr Hoffmann?
Der Weltcup passt terminlich eigentlich nicht in unser Training und ist für uns kein Wettkampf, in dem ein Leistungsabgleich erfolgen soll. Aber wenn wir eine solche Veranstaltung hier in Deutschland haben, wollen wir sie auch nutzen, um die internationale Spitze zu sehen und daraus zu lernen. Für Berlin haben immerhin 37 Nationen gemeldet. Wir werden nur zwei Tage für den Weltcup etwas kürzer treten und sehen, wie jeder einzelne diese Belastung aus dem normalen Training heraus verkraftet. Der eine kommt ganz gut damit klar, der andere weniger gut. Es wäre – nachdem wir zuletzt wieder auf der Langbahn trainiert haben – aber sehr gut, wenn jeder an seine Zeiten herankommen könnte, die er bei den Deutschen Kurzbahn-Meisterschaften im November in Essen geschwommen ist.
Wer aus Potsdam könnte Ihrer Meinung nach am Wochenende am ehesten mithalten?
Benjamin Starke und Melanie Otto sind zwei Kandidaten, die auch aus dem Training heraus eine ganz gute Zeit schaffen können. Mal sehen, ob Toni Helbig mit dieser Situation ebenfalls ganz gut klarkommt. Für die anderen aus unserer Trainingsgruppe wird es ganz schön hart werden. Aber sie sollen jetzt in Berlin lernen, einen solchen Wettkampf selbst dann ordentlich zu gestalten, wenn sie ihn nicht voll erholt und vorbereitet angehen können. Man muss auch mit Unwägbarkeiten in ein Rennen gehen und damit klar kommen können.
Ihr derzeit bester Schwimmer Benjamin Starke wird am Wochenende nicht auf seinen Hauptstrecken starten.
Stimmt. Wir wollen mal die 200 Meter Lagen ausprobieren, da er recht vielseitig ist. Im Brustschwimmen hat er zwar einige kleinere Probleme, aber auf der Kurzbahn kann man das ein bisschen kaschieren, so dass eine ganz gute Zeit herauskommen könnte. Außerdem soll er noch mal die 400 Meter Freistil schwimmen, weil er auf dieser Strecke in Essen nicht das zeigte, was er kann. Daher soll er sich jetzt in einem schnellen Becken gegen gute Konkurrenz noch einmal testen.
Werden einige Ihrer Schützlinge in Berlin auch auf jene südafrikanischen Schwimmer treffen, die gegenwärtig in Potsdam trainieren?
Maik Schulze wird wohl auf den 1500 Metern Freistil gegen Troyden Prinsloo schwimmen, Toni Helbig auf den Rückenstrecken gegen Gerhard Zandberg.
Staffel-Olympiasieger Ryk Neethling, Zandberg und all die anderen Asse um Chefcoach Dirk Lange trainieren seit der vergangenen Woche neben Ihren jungen Leuten im Luftschiffhafen. Kann man sich da noch etwas abgucken?
Schon allein die Anwesenheit der Südafrikaner in der Schwimmhalle hat einen Motivationsschub gegeben. Nicht nur bei meinen Leuten, sondern auch bei den jüngeren Schwimmern ist das deutlich zu merken. Am Wochenende haben wir mal alle zusammen eine Einheit trainiert, auch mit Peter Mankoc, dem Kurzbahn-Weltmeister und -Weltrekordler aus Slowenien. Dabei haben Starke, Mankoc und Neethling gemeinsam eine Trainingsserie Neethlings absolviert. Starke ist also die Spezialserie des Südafrikaners mitgeschwommen. Er konnte zwar nicht ganz gegenhalten, hat sich aber wacker geschlagen. Das ist schon interessant, und auch ich gucke natürlich immer mal hin, wie die anderen trainieren, was sie machen und was ich übernehmen könnte oder anders machen würde. Neben Dirk Lange sind auch der Russe Igor Omeltscheko und zwei weitere Trainer mitgekommen, die gehen manche Sache anders an als ich. Das kann man nutzen – man muss ja das Rad nicht jedes Mal neu erfinden.
Nun soll die Kooperation mit den Südafrikanern ja nicht nur so aussehen, dass diese Potsdam sozusagen als Headquarter für ihre Weltcupstarts in Europa nutzen, oder?
Zunächst werde ich mit sieben Athleten meiner Trainingsgruppe am 30. Januar für zweieinhalb Wochen zu einem für uns günstigen Höhen- und Klima-Lehrgang nach Pretoria fliegen. Und hier in Potsdam ist es mir wichtig, dass auch meine Leute, die das sonst nicht so erleben können, durch Langes Schwimmer ein internationales Flair erfahren. Dadurch hat der Sportler auch keine Berührungsängste mehr, wenn er im Wettkampf auf die internationale Konkurrenz trifft. Unsere Leute hier sollen merken, dass die anderen auch nur mit Wasser kochen, dass sie aber auf einem hohen Niveau trainieren. Dass wiederum hilft meinen Schwimmern, meine hohe Anforderungen im Training zu realisieren – nach dem Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Wird das Trainingslager der Südafrikaner in Potsdam einmalig bleiben?
Nein, Ryk Neethling will schon in diesem Sommer wieder herkommen, um an der MareNostrum-Tour – einer Wettkampfserie in Europa – teilzunehmen. Wichtig war daher, dass die Stadt das jetzige Trainingslager der Südafrikaner möglich machte und Verständnis dafür hat, warum wir das hier eigentlich machen. Neethling beispielsweise ist daheim ein Volksheld und auch ein Vorbild für hiesige Schwimmer. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht gegen Widerstände anrennen müssen, wenn Leute wie er nach Potsdam kommen. Man darf eine Nutzung der Schwimmhalle durch solche prominenten Gäste nicht nur aus rein wirtschaftlichem Aspekt betrachten; auch Potsdam profitiert davon. Woanders wird dafür bezahlt, dass die Südafrikaner hinkommen, und hier lassen sie ja sogar noch Geld. Unsere Athleten sollen raus in die Welt, um sich mit anderen zu messen. Da ist es wichtig, dass sich Potsdam weltoffen zeigt.Das Interview führte Michael Meyer
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