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Geborgen wurde unter anderem eine rostige, verkrustete Bratpfanne.

© Manfred Thomas

Alte Fahrt in Potsdam: Müll aus der Havel

Fahrräder, eine Krücke und ein Restauranttisch: Eine Woche vor dem Inselschwimmen haben DLRG-Taucher traditionell die Alte Fahrt gereinigt.

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Knapp 20 Männer und Frauen in roten T-Shirts stehen am Ufer der Alten Fahrt, während Einsatzleiter Carsten Römmler letzte Anweisungen gibt. „Wenn Munition gefunden wird, sofort das Wasser verlassen und Meldung an mich“, sagt er. Und schon wenige Minuten später werden die T-Shirts der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) gegen Neoprenanzüge getauscht, die ersten Taucher springen ins Wasser. Sie wollen an diesem Samstag die Alte Fahrt von Unrat befreien, denn eine Woche später findet hier das 20. Inselschwimmen statt. Schließlich soll die Verletzungsgefahr für die Teilnehmer möglichst gering bleiben.

Und es dauert nicht lang, da bergen die Taucher schon die ersten Gegenstände, eine Krücke etwa. Erst wenige Minuten zuvor war die der siebenjährigen Mira ins Wasser gefallen, als sie die Taucher von der Brücke zur Freundschaftsinsel beobachtete. „Vielen lieben Dank“, lässt sie dem Taucher ausrichten.

Vor 20 Jahren war die Alte Fahrt eine Kloake

Dass die Rettungsschwimmer die Alte Fahrt reinigen, hat Tradition. Seit dem ersten Inselschwimmen vor 20 Jahren – die DLRG ist auch Veranstalter – suchen sie die Strecke im Vorfeld nach Müll ab. Unentgeltlich. „Wir haben der Stadt eine Menge Geld gespart“, sagt Sven Friebel, der seit dem ersten Jahr dabei ist. Hätte die Stadt jedes Jahr eine Firma kommen lassen, wäre es ganz schön teuer geworden, meint er. Und die Erfolge der Ehrenamtler können sich sehen lassen, Friebel weiß noch von den ersten Einsätzen zu erzählen. Damals habe die Sichtweite unter Wasser nur etwa einen Meter betragen, mittlerweile seien es schon knapp drei Meter – auch, weil inzwischen weniger Müll im Wasser liegt. Als „fast besenrein“, beschreibt er die Wasserqualität heute an der Alten Fahrt. „Anfangs war es eher eine Kloake“, sagt er. Der Grund im Wasser sei mittlerweile fest, Miesmuscheln und Seerosen siedeln sich an. „Das Wasser hat sich wirklich erholt“, sagt er. Auf die Arbeit des Teams ist er merklich stolz. „Die Alte Fahrt ist ein Schmuckstück geworden. Und ich denke, wir haben Anteil daran.“

Einer der Taucher hält etwas aus dem Wasser. Geht man näher ran, erkennt man: Es ist eine von Muscheln besetzte Pfanne. Porös ist sie über die Zeit geworden. Bis zum Nachmittag finden die Taucher neben zahlreichen kleinen Dingen noch drei Fahrräder und einen Restauranttisch. Bei früheren Einsätzen haben die DLRG-Taucher auch schon andere Kuriositäten aus dem bis zu drei Meter tiefen Wasser gezogen: Verkehrsschilder, Personalausweise und sogar kleine Tresore. Selbst Munition und Kleinwaffen waren schon dabei. Auch die hölzernen Sitzbänke, die am Ufer der Alten Fahrt stehen, haben die Taucher schon aus dem Wasser geborgen. Weil die immer wieder ins Wasser geworfen wurden, hat man sie irgendwann auf Betonsockel geschraubt. Aber auch die konnten die Vandalen nicht davon abhalten, die Bänke ins Wasser zu werfen. Ein früherer Fund blieb Friebel besonders gut in Erinnerung: ein Dieselaggregat, so groß, dass es nur von einem Lkw gezogen worden sein kann. Sogar ein Kran musste herbeigerufen werden, um das Gerät zu bergen.

Den DLRG-Tauchern fehlt Nachwuchs

Abtransportiert wird der Müll mit einer Schute, einer Art Bootsanhänger. In den ersten Jahren war sie so voll beladen, dass sie zu kentern drohte, erzählt Friebel. Mit ihr wird der Müll dann zum Wasser- und Schifffahrtsamt gebracht und dort entsorgt. Nur in Einzelfällen – etwa bei Safes oder noch gut erhaltenen Fahrrädern – wird die Polizei hinzugezogen, um einen Eigentümer zu ermitteln.

Ganz so einfach ist die Aktion für Ehrenamtler aber nicht: Sie haben Nachwuchssorgen. Vor allem die Gruppe der Taucher könnte bei der Potsdamer DLRG größer sein, meint Friebel. Aktuell komme die Ortsgruppe auf acht Taucher. Damit sie in der Alten Fahrt vorankommen, sind noch vier weitere aus Berlin dabei. Ursache für die Nachwuchsprobleme seien vor allem Hürden, die ein DLRG-Taucher bewältigen muss, meint Friebel. Dazu zählen eine lange Ausbildung und Qualifikationen wie ein Sanitäts- und ein Rettungsschwimmerschein. Und man müsse physischer und psychischer Belastung standhalten können. Denn normalerweise ziehen die DLRG- Taucher nicht Müll, sondern Menschen aus dem Wasser – auch Tote. Die Ortsgruppe Potsdam ist vorrangig für Einsätze im Landkreis Mittelmark zuständig. In Potsdam wird die Personenbergung üblicherweise von der Wasserwacht übernommen. Nur bei akuten Fällen wird bei Bedarf die DLRG-Gruppe hinzugerufen.

Bei der jährlichen Reinigung für das Inselschwimmen ausgespart wird indes die Neue Fahrt – obwohl auch dort geschwommen wird. Diese sei aber so tief, dass für die Teilnehmer keine Gefahr durch den Müll bestehe, sagte Friebel.

Hintergrund: Das 20. Inselschwimmen

Am kommenden Samstag, dem 13. August, findet an der Alten Fahrt das nunmehr 20. Inselschwimmen statt. Der jährliche Schwimmwettbewerb wird von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) veranstaltet. Für die unterschiedlichen Altersklassen gibt es insgesamt drei Wettschwimmen. Um 12.30 Uhr gehen alle Altersklassen für die ersten 800 Meter an den Start. Um 13.30 Uhr dürfen Kinder bis zwölf Jahre die halbe Strecke, also 400 Meter, schwimmen. Um 14.30 Uhr starten wieder alle Altersklassen zur Umrundung der Freundschaftsinsel – mit 1700 Metern die längste Strecke des Inselschwimmens. Dabei wird auch die Neue Fahrt durchschwommen. Voranmeldungen sind unter www.inselschwimmen.de möglich.

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