Aus dem GERICHTSSAAL: Musiker als hartnäckiger Stalker?
Angeklagter bestreitet Verfolgung per SMS
Stand:
16 Kurznachrichten auf dem Handy von Anna A.* (32), teils in Englisch, teils auf Latein, mehrmaliges langsames Vorbeifahren am Wohnhaus der jungen Frau in der Dortustraße, unzählige Telefonanrufe, auch anonym, zwischen Ende September 2006 und Anfang November 2007 legt der Staatsanwalt dem diplomierten Orchestermusiker Matthias M.* (36) zur Last. Der arbeitet inzwischen bei einer Versicherung und bestreitet hartnäckig, ein Stalker zu sein. Über seinen Verteidiger lässt er erklären, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien haltlos und unrichtig. Besagte SMS habe er nie verschickt, keinen Telefonterror veranstaltet. Und sollte ihn Anna A. zufällig einmal im Auto im Stadtzentrum gesehen haben, sei er auf der Suche nach einem Parkplatz gewesen.
Im Zeugenstand reflektiert Anna A., die Beziehung zu Matthias M. sei von Anfang an problematisch gewesen. Als sie ihn 1999 kennenlernte, habe sie sich gerade in der Trennungsphase von ihrem Partner befunden, mit dem sie ein Kind hat. Matthias M. habe ihr permanent suggeriert, ihr Leben falsch zu gestalten. „Wir unterhielten keine Liebesbeziehung, aber eine enge Freundschaft“, präzisiert die Personalreferentin. Die wurde ihr 2005 allerdings zu eng. Anna A. beendete das Ganze – per Einschreiben. Dann soll der Stress richtig begonnen haben. Im April 2006 einigten sich das vermeintliche Stalking-Opfer und der studierte Musikus vor Gericht, künftig eine gewisse „Bannmeile“ nicht mehr zu überschreiten. Doch der erzielte Vergleich entpuppte sich als rein theoretisch. Selbst als sie im Sommer 2007 in eine neue Wohnung zog, sei sie von Matthias M. belagert worden. „Ich habe mich an meinem einzigen Rückzugsort bedroht gefühlt. Dass hat mir die Beine völlig weggerissen“, beschreibt die junge Mutter die Situation. „Im Oktober wurde ich sechs Wochen krankgeschrieben. Danach musste ich mich in psychologische Behandlung begeben.“
Zwei enge Freundinnen von Anna A. waren Augenzeugen von Belästigungen durch den Angeklagten. Matthias M. schüttelt während ihrer Schilderungen mehrfach den Kopf, lacht abschätzig. Sein Verteidiger stellt mehrere Beweisanträge. Sie sollen belegen, dass sich sein Mandant zu Zeiten, die in der Anklageschrift aufgelistet sind, mit Freunden in Potsdamer Gaststätten, als Zuschauer eines Handballspiels in Magdeburg oder als aktiver Kicker der Sportunion 04 im Stadion aufgehalten hat. Amtsrichterin Reinhild Ahle unterbricht die Verhandlung, setzt als Fortsetzungstermin den 19. November fest. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga
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