Landeshauptstadt: Musikusse für Rokokotanz gesucht
Potsdamer Verein pflegt höfische Tänze, sucht junge Musiker und wird auf Reisen gehen
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Die Musik kommt von der CD, die Tänzer sind salopp gekleidet und haben sich in Formation aufgestellt. Elegante Handbewegung, Verbeugung, erst auf den zweiten Blick registriert der Zuschauer, dass es sich nicht um klassischen oder modernen Tanz handelt, sondern um das höfische Tanzzeremoniell des 18. Jahrhunderts. Im Bürgerhaus am Schlaatz wird getanzt wie zu Friedrichs II. Zeiten. Da es sich um eine der sonntäglichen Proben handelt, hat man sich nicht in Schale geworfen. Die empfindlichen Seidenroben hängen noch im Schrank und werden erst für die Aufführungen herausgeholt. Immerhin ist so ein spätbarockes Outfit von den Schuhen bis zur Perücke seine 1000 bis 2000 Euro wert, je nachdem ober die Trägerin oder ihr Kavalier über Schneiderkünste verfügen und einiges selber machen können.
Mit einem Tag der offenen Tür will der Potsdamer Rokoko e. V. am 15. Februar im Bürgerhaus am Schlaatz sein einjähriges Bestehen feiern und die Epoche des Rokoko und Spätbarock vorstellen, kündigte Sprecherin Regina Schwarzer an. Den Besuchern werden Tänze des 18. Jahrhunderts in historisch detailgetreu nachgebildeten Kostümen gezeigt. Und der Tag soll auch gleichzeitig eine Werbeveranstaltung für neue Mitglieder sein.
Am 5. Februar hatten neun vom höfischen Zeremoniell Verzauberte den Traditionsverein gegründet, jetzt ist er inzwischen auf 22 Mitglieder angewachsen und Vereinsvorsitzender Frank Ditzel hat nichts gegen weiteren Vereinszuwachs. Im Moment werden ganz speziell noch Musiker gesucht, die die Tänzer live begleiten können. Um die auf den Geschmack zu bringen, hat sich der Verein schon bei 17 Musikschulen vorgestellt. Junges Blut bei den Tänzern ist ebenfalls erwünscht. „Unsere Kinder machen schon manchmal mit, wir sind aber auch für andere offen“, meint Ditzel.
Die jetzigen Mitglieder kommen aus allen Bevölkerungsschichten, sind ihre eigenen Chefs oder Angestellte, auch schon Rentner. Erstaunlicherweise hat die Rokoko-Tanzgruppe keinen Mangel an Herren, es gebe sogar manchmal einen Überschuss, lacht Ditzel. Man könne die Kavaliere aus den Reihen der Musketiere rekrutieren. Die würden sich dann per Kostüm in Höflinge verwandeln. Zum Verein gehört nämlich neben den Tänzern noch eine Gruppe von „Soldaten“, die sich historischen Exerzierübungen hingeben. Ditzel selbst kam über sein Interesse an der preußischen Geschichte zum höfischen Tanz, probierte sich schon in anderen Tanzvereinen in Berlin aus und gründete dann mit Gleichgesinnten den Potsdamer Verein. An Vorlagen fürs Tanzen gibt es keinen Mangel, meint er. Es gebe rund 4000 Choreografien für Tänze aus der anvisierten Zeit um 1750. Darin sind allerdings Schrittfolgen immer wieder auf andere Weise kombiniert und die Vorlagen reichen von einfachen Formen des Menuetts oder der Sarabande bis zur Choreografie für Berufstänzer. Für das Einstudieren eines neuen Tanzes brauche man zwischen vier Wochen für einfache Schrittfolgen bis zu einem halben Jahr, meint Ditzel. Die Tanzgruppe trifft sich einmal in der Woche im Bürgerhaus. Man ist erst seit kurzem in diesem Domizil, fühlt sich aber dort gut aufgehoben. Zusätzlich würden die Mitglieder noch einmal in der Woche bei einem Berliner Verein tanzen und sich weiterbilden und auch Ditzel lässt sich bei einem Tanzlehrer perfektionieren.
Ein besonderer Höhepunkt im Vereinsleben steht im August bevor: „Erstmals sind wir bei der Potsdamer Schlössernacht dabei“, sagt Schwarzer. Zudem tritt der Verein im Mai bei der „Barocken Ballnacht“ in Dresden sowie beim Pfingstbarock im Schloss Planitz bei Zwickau auf.
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