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Landeshauptstadt: „Mutti ist ein bisschen stur!“

Verfahren wegen körperlicher Misshandlung eingestellt

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Verfahren wegen körperlicher Misshandlung eingestellt Von Gabriele Hohenstein Maria K.* zählt bereits 93 Lenze und leidet an Altersdemenz. Morgens kommt der Pflegedienst. Den Rest des Tages versorgt Brunhilde B.* (65) ihre betagte Mutter. Die hat offensichtlich ihren eigenen Kopf, macht es den Betreuungspersonen nicht immer leicht. „Mutti ist ein bisschen stur“, erläutert Brunhilde B. die Situation. Dennoch kämen die beiden Damen gut miteinander aus. Habe sie sich trotzdem einmal geärgert, weil allzu viel auf ihr laste, gehe sie in den Hof und schreie laut „Sch.....!“ Das habe ihr ein Arzt geraten, um den Frust abzubauen. „Auf keinen Fall lasse ich den an meiner Mutter aus“, betont die zierliche Frau. Am 3. Februar dieses Jahres habe man gemeinsam zu Abend essen wollen. „Aber Mutti spielte nur mit ihrem Brot herum“, berichtet Brundhilde B. Also habe sie Maria K. aufgefordert, ordentlich zu speisen. Als dies nicht fruchtete, habe sie ihr einen leichten Klaps auf den Hinterkopf gegeben. „Ich habe ihr auch die Wange getätschelt und sie nochmals gebeten, ihr Brot zu essen.“ Die Staatsanwaltschaft wirft Brunhilde B. allerdings vor, ihre Mutter an jenem Abend „mehrfach mit Schwung mit der rechten Hand ins Gesicht geschlagen“ zu haben. „Ich habe ihr einen Katzenkopf gegeben, das stimmt. Aber das ist doch kein Schlagen“, meint die wegen körperlicher Misshandlung Angeklagte. In der Tat konnten die noch am selben Abend in der Wohnung eintreffenden Polizeibeamten keinerlei Verletzungsspuren bei der gebrechlichen alten Dame ausmachen. Auch die Krankenschwester entdeckte am nächsten Morgen nichts, was auf Schläge hingedeutet hätte. Zwei Augenzeuginnen der vermeintlichen „Prügel-Szene“ schildern das Geschehen äußerst dramatisch. So will Heiderose A.* (56) beim Abendspaziergang mit Hund und Tochter durch das erleuchtete Zimmerfenster der Angeklagten deutlich mehrere Schläge ins Gesicht der Seniorin beobachtet haben. „Ich ging zu meiner Tochter und sagte ihr: Du glaubst gar nicht, was ich eben gesehen habe“, erzählt die Angestellte. Danach seien beide zum Fenster zurückgekehrt, um zu schauen, ob noch mehr passiere. „Es dauerte keine fünf Minuten, da gab es die nächsten Schläge. Und zwar so heftig, dass der Kopf der alten Dame hin und her flog“, erinnert sich die Zeugin. Deren Tochter spricht gar von Fausthieben, „allerdings nicht so heftig wie bei Axel Schulz“. Weil ihr die Aktion sehr brutal erschien, habe sie Anzeige bei der Polizei erstattet. Demgegenüber steht die Aussage der ehemaligen Pflegedienstleiterin Waltraud Z.* (61) . Sie bekundet, Maria K. sei von ihrer Tochter stets „optimal versorgt“ worden, obwohl die 93-Jährige etwas launisch sei. Das Gericht glaubt der Darstellung der Angeklagten. Es stellt das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 500 Euro an die Stiftung „Hilfe für Familien in Not“ ein. (*Namen geändert.)

Gabriele Hohenstein

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