Landeshauptstadt: Nach 35 Jahren wieder Spitze
Holzgerüst für Turm der Golmer Kirche aufgesetzt / Rekonstruktion nach alten Fotos
Stand:
Golm – Es knarrt und knackt bedenklich, als der Kranausleger das 4,5 Tonnen schwere Holzgerüst für den Turm der Kaiser-Friedrich-Kirche in Golm vom Boden hebt. „Keine Sorge, der Gurt aus Spezialgewebe trägt die Last“, versichert Wolfgang Stich. Der Statiker hat die Berechnungen für die Konstruktion, die gestern Vormittag auf den Turmstumpf der Kirche aufgesetzt wurde, angestellt.
„Die Balken bestehen zu 85 Prozent aus Kernholz“, sagt Zimmermeister Jan Martin von den „Geltower Holzwürmern“, welche die Spitze nach Angaben von Stich und des Architekten Bernd Redlich angefertigt haben. Das Material bestehe aus Kiefernholz, den so genannten Kaiserstiel im Zentrum hätten die Zimmerer aus Leimholz gefertigt.
„Damit erhält unserer Kirche nach 35 Jahren wieder eine Spitze“, freut sich Rainer Höfgen vom Kirchbauverein. Letzterem ist es vor allem zu verdanken, dass die nötigen Gelder für diesen Bauabschnitt zusammenkamen. „Viele haben es ermöglicht. Danke und willkommen“, heißt es auf Plakaten, auf denen der Verein die spektakuläre Aktion im Ortsteil Golm ankündigte. Zahlreiche Schaulustige hatten sich vor Ort eingefunden, um die Montage der Spitze, die gegen zehn Uhr abgeschlossen war, mit eigenen Augen zu verfolgen und mit Kameras festzuhalten.
Historische Fotos waren die Voraussetzung, um die alte Form des Kirchturms zu rekonstruieren. Wie der Architekt berichtet, musste die Turmspitze wegen unsanierter Kriegsschäden und Baufälligkeit im Jahre 1971 abgenommen werden. Seitdem deckte ein Notdach den Turmstumpf. „Es gibt keine Bauunterlagen mehr“, sagt Bernd Redlich, der dennoch eine historisch getreue Vorlage aufgrund der Fotos liefern konnte.
Wie Höfgen berichtet, musste die Finanzierung ausschließlich aus Mitteln des Fördervereins und der Kirchengemeinde bestritten werden, weil die Turmspitze als „Neubau“ nicht förderfähig sei. 80 000 Euro kosteten das Holzgerüst, die Eindeckung mit Schieferschindeln und das Zusammenbauen. 25 000 Euro spendete allein ein Golmer Mäzen, der namentlich nicht genannt werden will. Am Ende fehlten noch zehntausend Euro. Aufgrund eines großen Aufrufes im Jahre 2005 kam die fehlende Summe durch Spenden der Bewohner Golms innerhalb eines Monats zusammen, berichtet Höfgen. Bis Ende Juni wird der Kirchturm komplett sein. Neben der Spitze, dem so genannten Dachreiter, gehören die alte Turmuhr sowie die Kugel mit dem Kreuz dazu. Letzteres hat die Restauratorenwerkstatt Peter angefertigt. Die Reparatur der Uhr besorgt die Firma Kaminski aus Werder (Havel).
Wie Architekt Höfgen erzählt, steht dem Verein ein weiterer großer Bauabschnitt mit der Neueindeckung des Daches der Kirche bevor. 230 000 Euro koste das neue Dach mit Ziegeln nach historischem Muster. „Dann sind wir endlich vor weiteren Wasserschäden sicher und können an weitere Vorhaben wie die Beschaffung der zwei fehlenden Glocken denken“, sagt der Kirchbauvereinsvorsitzende.
Im Internet: www.kirche-golm.de oder www.kirchbauverein-golm.de
Günter Schenke
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: