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Von Dirk Becker: Nach Absage vom Waschhaus: Thilo Sarrazin liest im Nikolaisaal Große Nachfrage für erste öffentliche Lesung aus dem umstrittenen Buch „Deutschland schafft sich ab“ / Veranstalter rechnen mit Protesten

Nun bekommt er also doch noch seinen großen Auftritt in Potsdam. Nach dem das Waschhaus die für den kommenden Donnerstag, dem 9.

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Nun bekommt er also doch noch seinen großen Auftritt in Potsdam. Nach dem das Waschhaus die für den kommenden Donnerstag, dem 9. September, geplante Lesung und Diskussionsveranstaltung mit Thilo Sarrazin in der Galerie Kunstraum abgesagt hat, wird die Veranstaltung im eigens dafür gemieteten Nikolaisaal stattfinden. Das teilte das veranstaltende Brandenburgische Literaturbüro am gestrigen Mittwoch schriftlich mit. Damit ist der Auftritt Sarrazins in Potsdam die erste Station seiner Lesereise mit seinem umstrittenen Buch „Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen“. Die ursprüngliche Auftaktlesung in Hildesheim in dieser Woche hatte ein privater Buchhändler abgesagt, weil er Proteste am Rande der Veranstaltung befürchtete und so die Sicherheit der Gäste und seiner Mitarbeiter nicht gewährleisten konnte.

„Wir werden für die entsprechende Sicherheit am kommenden Donnerstag sorgen“, sagte Hendrik Röder, Geschäftsführer im Brandenburgischen Literaturbüro, den PNN auf Nachfrage. Er rechne auch mit Protesten, so Röder, die seien schließlich berechtigte Meinungsäußerungen in der Demokratie. Zur Demokratie gehöre aber auch die Möglichkeit einer seriösen Auseinandersetzung mit dem Buch „Deutschland schafft sich ab“ und seinem Autor Thilo Sarrazin. „Alles andere wäre eine Entmündigung der Leser“, sagte Röder. Der hat nun die Möglichkeit in den Nikolaisaal zu kommen und sich selbst eine Meinung zu bilden über ein Buch, das bisher kaum einer gelesen habe, von dem es aber mittlerweile schon so viele klare Meinungen gibt.

In den vergangenen Tagen seien zahlreiche Proteste und auch Drohungen im Brandenburgischen Literaturbüro eingegangen, sagte Röder. Auch den Vorwurf, dass die Veranstalter Nazis seien, wenn sie weiterhin an der Lesung festhalten würden, musste sich Hendrik Röder gefallen lassen. Trotzdem stand es für ihn nie zur Diskussion, Sarrazin auszuladen. „Wir sind keine Zensoren, sondern bieten nur eine Plattform für eine Diskussion. Und wer das Brandenburgischen Literaturbüro mit Nazis vergleicht, der diskreditiert sich mit einer solchen Äußerung nur selbst.“

„Noch am Dienstag war ich fest davon überzeugt, dass Sarrazin im Kunstraum sein Buch vorstellen wird“, sagte Wilfried Peinke, Geschäftsführer im Waschhaus, den PNN auf Nachfrage. Geplant war eine Diskussion unter dem Motto „Kritische Auseinandersetzung“. Dafür hätte die Galerie Kunstraum den geeigneten Rahmen geboten. „Wir wollten eine Debatte über den Inhalt von Sarrazins Buch.“ Doch die starke Medienpräsenz vor und nach der Veröffentlichung von „Deutschland schafft sich ab“ und das öffentliche Auftreten von Sarrazin haben zu einem Umdenken geführt. „Da gab es auch unter den Mitarbeitern Bedenken“, so Peinke. Am Dienstag Abend habe man sich zusammengesetzt und sich nach eingehender Diskussion für die Absage entschieden.

„Wir sind der Ansicht, dass einige der uns bekannten Zitate und Äußerungen in den Medien nicht mit den Wertevorstellungen unserer Gesellschaft übereinstimmen und deshalb ein sachlicher Diskurs stattfinden muss, sehen aber die Räume des Waschhauses als den nicht dafür geeigneten Rahmen“, heißt es in der offiziellen Begründung.

Auch der Potsdamer Buchhändler Carsten Wist fordert einen solchen sachlichen Diskurs in der Öffentlichkeit. Ursprünglich Mitveranstalter der Lesung mit Thilo Sarrazin, hat er nun seine Teilnahme zurückgezogen. „Sollte es im Rahmen der Veranstaltung zu Ausschreitungen kommen, kann ich es mir als kleiner Buchhändler nicht leisten, für diese Schaden aufzukommen“, sagte Wist den PNN. Und wenn er sich schon für ein Buch verschulden sollte, müsste er von dessen Inhalt voll überzeugt sein. Von „Deutschland schafft sich ab“ habe er bisher zwar nur die ersten 100 Seiten gelesen, doch sein Urteil steht schon jetzt fest. „Dieses Buch ist einfach nur unerträglich“, so Wist

Karten für die Lesung am 9. September, 20 Uhr, zum Preis von 8 Euro in der Ticket-Galerie des Nikolaisaals, Wilhelm-Staab-Straße 10/11 oder unter Tel.: (0331) 28 888 28

Dirk Becker

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