Landeshauptstadt: Nach dem Krieg beim Fernmeldeamt
Gertrud Müller feierte 100. Geburtstag mit Freunden und Verwandten und hatte Besuch von der Stadtverwaltung
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Gertrud Müller feierte 100. Geburtstag mit Freunden und Verwandten und hatte Besuch von der Stadtverwaltung Drewitz. „Sind die schön. Wunderschön!“, sagt Gertrud Müller und nimmt einen riesigen, bunten Blumenstrauß von Elona Müller, der Sozialbeigeordneten für Gesundheit, Ordnung und Soziales, entgegen. 100 Jahre alt ist Gertrud Müller gestern geworden – da ist so ein Blumenstrauß wohl verdient. Selbst der Ministerpräsident hat eine Grußkarte geschickt. Natürlich gratuliert auch die Verwandtschaft. Ihre einzige Tochter Editha und ihr Mann sind da, sogar die Schwägerin aus Nürnberg ist in den Wohnpark „Leben in der Gemeinschaft“ in Drewitz angereist. Später sollen noch die Enkel und Ur-Enkel kommen. Ein schönes Geschenk, doch so viel Trubel strengt an. Gertrud Müller braucht erst einmal ein bisschen Ruhe. Am 28. April 1904 erblickte sie in Sieslak, im Kreis Preußisch-Eilau in Ost-Preußen, das Licht der Welt. Nach dem ersten Weltkrieg wurde sie zunächst Schneiderin. Seit 1927 wohnt sie in Potsdam, wo sie nach dem Krieg beim Fernmeldeamt anfing. Viel erlebt hat sie in den letzten hundert Jahren – zwei Kriege, die Teilung Deutschlands und die Wiedervereinigung. Ihr Vater starb, als sie noch ein kleines Kind war, und ihr Bruder fiel im zweiten Weltkrieg. Dennoch, sagt ihre Tochter, war „meine Mutter immer eine liebenswerte und lebenslustige Frau“. Sie sei immer gern verreist, habe viel gelesen und stets Handarbeiten gemacht. „Alles Dinge, die man halt so macht, wenn man noch laufen kann und agil ist“, sagt Editha Scholtysik, wie die Tochter des Geburtstagskindes mittlerweile heißt. Mit 100 Jahren fallen der alten Dame solche Dinge nicht mehr allzu leicht. Seit eineinhalb Jahren ist sie aus Altersschwäche ans Bett gebunden. Dann muss eben fern gesehen werden. Kein Problem, denn geistig ist Gertrud Müller noch topfit. „Wenn wir den Kasten nicht hätten. Ein dolles Ding“, sagt Helene Koch, Nachbarin und gute Freundin der 100-Jährigen. Gertrud Müller ist beliebt. Nicht nur bei ihrer Familie und den Nachbarn, sondern auch bei der Hausverwaltung des Wohnparks „Leben in der Gemeinschaft“. Reinhard Hahn, Büroleiter der Hausverwaltung, freut sich für das Geburtstagskind. „Wir haben hier nicht alle Tage jemanden, der hundert wird. Das ist für alle Bewohner eine besondere Freude.“ Auch Sozialbeigeordnete Elona Müller ist sichtlich von der Dame mit dem gleichen Nachnahmen angetan: „Schon erstaunlich, dass man mit 100 Jahren noch so klar im Kopf sein kann. Nur schade, dass der Körper oft nicht mehr so mitmacht“. Gertrud Müller konnte an ihrem Geburtstag trotzdem zufrieden sein, denn sie hatte die Familie und gute Freunde da. Und darüber freuen – das geht auch mit Hundert noch sehr gut. Christian Klusemann
Christian Klusemann
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