zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: „Nach Gefühl schreiben“

Eisenberg: Die ganze Reform rückgängig machen

Stand:

Eisenberg: Die ganze Reform rückgängig machen Peter Eisenberg, Professor für Deutsche Sprache an der Uni-Potsdam, saß 1997/98 in der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung, verließ diese dann aber aus Protest. Seit 1998 ist er Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung. Herr Eisenberg, laut Allensbachumfrage befürworten nur 13 Prozent der Deutschen die Rechtschreibreform. Woher kommt diese mangelnde Akzeptanz? Die Zwischenstaatliche Kommission hat ein Regelwerk geschaffen, das mit den Schreibgewohnheiten der Leute nichts zu tun hat. Wer nach der neuen Rechtschreibung richtig schreiben will, wird gezwungen, gegen sein Sprachgefühl anzuschreiben. Das schafft eine große Unsicherheit. Wo sehen Sie die größten Defizite? Eindeutig in der Getrennt- und Zusammenschreibung – und eng verbunden damit in der Groß- und Kleinschreibung. Die hier geschaffenen Regeln orientierten sich nicht an den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern missachteten sie. Darüber hinaus haben sie einen Prozess in Gang gesetzt, dessen Folgen noch gar nicht abzusehen sind. Inwiefern? Die Grundregel, nach der die Getrenntschreibung der Normalfall, die Zusammenschreibung aber die Ausnahme sei, hat dazu geführt, dass viele dazu tendieren, Worte auseinander zu reißen, die aber zusammengehören. „Blut befleckt“ wäre ein Beispiel dafür. An solchen fehlerhaften, die Sprache zerstörenden Wortneuschöpfungen trägt die Zwischenstaatliche Kommission eine erhebliche Verantwortung – auch, wenn sie von ihr nicht beabsichtigt worden sind. Wie lassen sich solche fehlerhaften Entwicklungen verhindern? Eine optimale Lösung gibt es nicht. Die Regelrücknahmen von Anfang des Jahres sind ein erster Schritt, reichen aber nicht aus. Das beste wäre, die Reform ganz rückgängig zu machen. Aber auch hier gilt: Je länger man damit wartet, je länger sich das neue Falsche in den Köpfen festsetzt, desto schlechter wird auch diese Option. Was können Sie unseren Lesen raten? Man darf sich nicht verunsichern lassen. Im Zweifelsfall sollte man nach seinem Gefühl schreiben – das taugt mehr als das neue Regelwerk, ist weniger widersprüchlich und natürlich gewachsen.Das Gespräch führte Matthias Oden

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })