Landeshauptstadt: Nach Jahrhundertsommer der Unsommer
Verwaiste Strandbäder, Regen getränkte Biergärten: Wirte und Badbetreiber hängen Saison ’03 nach
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Verwaiste Strandbäder, Regen getränkte Biergärten: Wirte und Badbetreiber hängen Saison ’03 nach Von Nicola Klusemann Bis jetzt ist der Sommer 2004 keiner: Die Temperaturen haben sich zwischen 20 und 24 Grad festgefahren. Es stürmt, Wolkenfetzen rasen wie in Zeitraffer über das Himmelblau und schieben sich am Horizont zur nächsten Gewitterfront zusammen, es schauert. Diesen Unsommer bekommen natürlich besonders diejenigen zu spüren, die von Hitzewellen und trockenen Kehlen leben. Vor allem Gastwirte und Strandbadbetreiber trauern deshalb dem Jahrhundertsommer im vergangenen Jahr nach. In Potsdams Strandbädern Templin und Babelsberg suchten in der Badesaison ’03 rund 60000 Hitzegeplagte Abkühlung. Zurzeit tropft der Regen von den bunt bemalten Strandkörben auf der Wiese am Ufer des Tiefen Sees. Die junge Frau an der Kasse löst Kreuzworträtsel. Das Wasser hat erfrischende 18 Grad und gute Wertungen bei der Qualität. Starke Windböen und schwache Außentemperaturen schrecken die meisten ab. Ein paar hart Gesottene, die durch das Kreislauf anregende Wechselbad wahrscheinlich hundert Jahre alt werden wollen, kämen täglich, ist zu erfahren. Auch ein paar Gruppen hätten seit Saisoneröffnung Mitte Mai schon ins Strandbad Babelsberg gefunden. Der große Ansturm aber blieb schlechtwetterbedingt aus. In Berlin haben schon vier Freibäder dicht gemacht, weil sich der Personalaufwand nicht lohnte. Potsdam Strandbäder kommen mit einer kleinen Mannschaft aus – je zwei Schwimmmeister und zwei Kassierer im Schichtbetrieb. An eine komplette Schließung werde zurzeit noch nicht gedacht, erklärt Rita Haack vom Bereich Kommunikation und Marketing der Stadt, in deren Verantwortung die Strandbäder liegen. Es werde von Tag zu Tag entschieden. Wenn das Wetter einfach zu schlecht sei, habe man bisher nur frühzeitig oder tageweise geschlossen, so Rita Haack. Konstante Spitzenwerte über 30 Grad über Wochen sorgten im vergangenen Jahr auch für Spitzenumsätze bei Gastwirten, Eisverkäufern und Trinkhallenbetreibern. „Der Sommer war genial“, schwärmt auch Uwe Strunk, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Brandenburg e.V., der insgesamt 1100 Unternehmen im Land, darunter 52 in der Landeshauptstadt vertritt. Trotz Supersommersaison 2003 aber habe die Gastronomie Umsatzeinbußen registriert. Wider Erwarten macht ein echter Sommer also noch keinen Konjunkturaufschwung aus. Mit den Top-Einnahmen während der heißen Monate nämlich müsse die auslastungsschwache Zeit ausgeglichen werden, erklärt der Verbandsgeschäftsführer. Gesamt gesehen führte dies im vergangenen Jahr in der Gastronomie zu einem Umsatzrückgang von 2,9 Prozent. Die ersten Monate im Jahr schlügen dabei immer heftig zu buche. In dieser Zeit herrsche absolute Flaute, „das Jahr beginnt mit einem Loch“. Und das ließe sich kaum durch einen tollen Sommer stopfen. Uwe Strunk begründet das seit Jahren eher niedrige Ertragsniveau des Gastgewerbes mit der schlechten konjunkturellen Gesamtsituation. „Die Menschen sparen einfach zuerst an der Freizeitgestaltung.“ Weil die Wirte das wissen, rechnen sie sich auch für das laufende Jahr keine großen Aufschwünge aus. Dennoch würden Sonnenschein und steigendes Quecksilber natürlich auch die Stimmung der Gastronome ein wenig anheben.
Nicola Klusemann
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