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Aus dem GERICHTSSAAL: Nach Neo-Nazi-Angriff in der Tram den Falschen angeklagt

Polizisten identifizierten damals 19-Jährigen auf dem Video irrtümlich als einen der Täter / Freispruch

Stand:

Beim Angriff einer Gruppe Rechtsradikaler auf den Linksaktivisten Tamás Bl. und seinen Freund Christoph B. in der Nacht des 3. Juli 2005 vor der Bäckerei „Braune“ war Tom S. zweifelsfrei dabei. Er wurde dafür vom Landgericht zu einer zweijährigen Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Gestern saß der inzwischen Zwanzigjährige auf der Anklagebank des Jugendschöffengerichts. Laut Staatsanwaltschaft soll sich der gelernte Koch am 19. Juni vorigen Jahres, ebenfalls zu nächtlicher Stunde, in einer Straßenbahn der Linie 94 aus einer Gruppe stadtbekannter (zum Teil schon verurteilter) Neo-Nazis heraus an der Prügelorgie auf zwei der linken Szene Zugehörige beteiligt haben. Tom S. bestritt die Tat und verließ den Verhandlungssaal als freier Mann. Polizeibeamte, die das Überwachungs-Video der Straßenbahn ausgewertet hatten, verwechselten ihn mit dem Rechtsradikalen Stefan W. (Er wurde Anfang dieses Monats vom Amtsgericht wegen des Überfalls vor „Braune“ mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe sanktioniert.) Da hatte das Schöffengericht das Verfahren gegen Tom S. allerdings bereits eröffnet.

„Das ist unstrittig Stefan W.“, bestätigte Volker Sch. (42) beim gestrigen Anschauen des Videos im Verhandlungssaal. Der auf Personen-Wiedererkennung spezialisierte Polizeibeamte war sicher, der Angeklagte sei auch mit keinem anderen, der sich in der Bahn befand, identisch. „Das bin ich“, bestätigte Stefan W. (21) im Zeugenstand. Kurzhaarig und untersetzt sieht er dem Angeklagten auf den ersten Blick verblüffend ähnlich.

Die beiden Opfer René Sch. (34) und Markus S. (32) konnten den Schlägen und Tritten der überwiegend dunkel Gekleideten zwischen den Haltestellen Alt Nowawes und Humboldtring „keine Gesichter“ zuordnen. Anlass der Attacke sei ein von ihm getragenes T-Shirt mit der Aufschrift „Mein Freund ist Ausländer“ gewesen, vermutete Markus S. Dies sei ihm nach dem Einsteigen in die Tram von einem der Täter zerrissen worden. Anschließend sei er von vier Leuten angegriffen worden. Sein Freund René Sch., der ihm zu Hilfe kommen wollte, sei nach dem Fausthieb durch einen Vermummten zu Boden gegangen, habe später allerdings die Notbremse ziehen können, so der Student. Beide Potsdamer erlitten Prellungen und Gehirnerschütterungen. „Mein Mandant hat gleich zu mir gesagt, das bin ich nicht. Das ist Stefan W.“, betonte Verteidiger Matthias Schöneburg.

Die Vorsitzende des Schöffengerichts entgegnete, man habe schon davon ausgehen können, dass Tom S. einer der Täter sei. In den Gerichtsakten befänden sich lediglich „die Kopien der Kopien“ der Videoprints. Zudem hätten sowohl Stefan W. als auch der Angeklagte damals noch kürzere Haare getragen, was die Ähnlichkeit verschärft habe. Hoga

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