Landeshauptstadt: Nachfrage nach Gewerbeflächen steigt
Die Gewerbesteuereinnahmen blieben bisher hinter den Erwartungen zurück, obwohl das Interesse der Firmen ungebrochen ist. Im Industriegebiet Potsdam-Süd, das viele Logistiker wegen der Anbindung an die A 115 schätzen, sind kaum noch Flächen frei
Stand:
Geldsegen dank Gewerbesteuer: In den letzten Jahren durfte sich der Stadtkämmerer über immer üppigere Beträge freuen, die Potsdams Unternehmer an die Stadtkasse abführten – fast 50 Millionen Euro waren es 2011, 2012 sogar 65 Millionen Euro.
Doch auch wenn die Ertragslage aus der über das Jahr stark schwankenden Steuer für dieses Jahr nicht den Erwartungen entspricht – das Interesse der Gewerbetreibenden am Standort Potsdam ist enorm. „Die Nachfrage nimmt stark zu“, sagte Jutta Moll, stellvertretende Bereichsleiterin der städtischen Wirtschaftsförderung, den PNN. Kleinere Handwerksbetriebe suchten ebenso nach Ansiedlungsflächen wie produzierendes Gewerbe im kleinen Umfang.
Logistik- und Großhandelsunternehmen empfiehlt Moll in der Regel, im Indutriegebiet Potsdam-Süd nachzufragen. Es ist das einzige Industrieareal unter den zahlreichen Gewerbegebieten in Potsdam (siehe Kasten). Auf rund 114 Hektar, gelegen zwischen dem Ortsausgang Bergholz-Rehbrücke und der Nuthe, sind nur wenige Flächen ungenutzt. Rund 150 Unternehmen beschäftigen dort etwa 2000 Arbeitnehmer, ein bunter Branchen-Mix hat sich zusammengefunden. Zum größten Teil gehört das Areal privaten Eigentümern, die es teilweise unterverpachten. Logistikunternehmen, Großhändler, Baufirmen und Vermieter von Kränen und anderem schweren Gerät betreiben ihr Geschäft neben Autohändlern, Anwälten und einer Hundeschule. Auch das Bürogebäude hat sich in den vergangenen Monaten gut gefüllt. Ein Gewerbehof im Industriegebiet ist etwa bei Logistiker Krage entstanden – auf insgesamt 60 000 Quadratmetern, die Krage bereits 1990 gekauft hat. Der Hof sei von Anfang an geplant gewesen, sagt Joachim Krage, der das Geschäft gemeinsam mit seinem Bruder Mathias führt. Vom Volkseigenen Betrieb (VEB) Kraftverkehr Potsdam habe er damals 45 Leute übernommen, heute sind zirka 110 Angestellte für für das Unternehmen tätig. Dazu kommen rund 85 Fremdfahrer als Subunternehmer.
„Der Kick ist der eigene Autobahnanschluss“, benennt Joachim Krage mit Blick auf die Drewitzer Anbindung an die A115 den großen Standortvorteil. Für Lkw-Fahrer, die wegen des Ablaufs ihrer Lenkzeiten auf den Hof fahren, gibt es Duschmöglichkeiten. Auch ein Lebensmittelvertrieb hat sich auf dem weiträumigen Gelände eingemietet, ebenso Großhändler für die häusliche Inneneinrichtung. Die Parkett-Firma Hinterseer ist einer der dort ansässigen Inneneinrichter. 1997 eröffnete das Berliner Unternehmen eine Filiale in Potsdam mit einem Mitarbeiter auf 300 Quadratmetern. Inzwischen sind sieben Mitarbeiter auf 750 Quadratmeter tätig, sagt Filialleiter Mike Schubert.
Das Besondere: Im Laufe der Jahre haben sich viele Firmen in der Nähe niedergelassen, die mit dem Innenausbau von Häusern ihr Geschäft machen. Ebenfalls auf dem Hof sind Farben- und Bädergroßhändler zu finden. Einige Ecken weiter gibt es Händler für Baumaterial und Türen, dazu kommen Möbel. Nicht nur Handwerksbetriebe finden im Industriegebiet Produkte, die sie brauchen. Auch Häuslebauer informieren sich gern direkt über das Angebot – selten ist es so gebündelt vorzufinden.
„Der Standort hat sich sehr gut entwickelt“, sagt Enrico Munder. Seit Januar 2004 ist er technischer Geschäftsführer der Stadtentsorgung Potsdam (Step). Deren Hauptbetriebshof, 34 700 Quadratmeter groß, in Potsdam-Süd wird von Müllautos und der Straßenreinigung ebenso angefahren wie vom Winterdienst. „In einem Wohngebiet wäre das nicht mehr möglich“, sagt Munder. Die Step hat weitere Pläne: Ein zentraler Wertstoffhof soll im Industriegebiet entstehen. Munder hofft, dass die Anlage bis Ende 2015 steht.
Schon deutlich früher will die Potsdamer Fahrschule Erbes dort ihre Filiale eröffnen, die derzeit gebaut wird. 5000 Quadratmeter hat Inhaber Gunter Erbes zuletzt von einem Logistiker erworben, der sich strategisch Richtung Berlin orientiert hat. Die Fläche reicht, um auch Lkw- und Busfahrschülern auf eigenem Gelände Fahrstunden zu geben. Außerdem wichtig für ihn: Die Dekra, zuständig auch für die Verlängerung der Lkw- und Busführerscheine, hat eine Filiale ebenfalls im Industriegebiet. Knapp eine Million Euro will Erbes investieren.
„Eigentlich wird es in den Ferien ruhiger“, sagt Michaela Schrepffer, die in der Kantine im MAN-Gebäude Kaffee, Würste und Kartoffelsalat verkauft. Diesen Sommer aber sei viel los – von Ferien merkt sie in Potsdam-Süd derzeit wenig. Die Konjunktur des Gewerbes scheint also zu stimmen – nur die Steuern daraus fließen derzeit spärlicher.
Ingmar Höfgen
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