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Landeshauptstadt: Nächster Korruptionsverdacht

Stadtverwaltung hat neuen Verdacht auf Bestechlichkeit / Oberbürgermeister kritisiert Medien

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Kaum hat sich am Amtsgericht ein Verdacht auf Korruption in der Verwaltung nicht erhärtet, muss die Stadtspitze einen neuen Fall möglicher Bestechlichkeit konstatieren. In einer Antwort auf eine Anfrage der Wählergemeinschaft Die Andere hat Potsdams Korruptionsbeauftragter Jürgen Schneider jetzt eingeräumt, dass es in der Stadtverwaltung einen bislang öffentlich noch nicht bekannten Verdachtsfall gibt: Allerdings „darf derzeit über diesen Vorfall nicht berichtet werden“, so Schneider. Er begründete dies unter anderem mit Ermittlungsgründen.

Für die Potsdamer Verwaltung ist es der dritte Verdacht auf Bestechlichkeit, der innerhalb weniger Wochen bekannt geworden ist. Wie gestern in den PNN berichtet, hatten sich allerdings in einem der Fälle die zahlreichen Indizien vor dem Potsdamer Amtsgericht aus Mangel an Beweisen nicht weiter erhärten lassen. Das Gericht sprach eine 55-Jährige vom Verdacht der Bestechlichkeit frei – gegen den Willen der Staatsanwaltschaft, die eine Bewährungsstrafe gefordert hatte. Die Angestellte kann wieder als Chefin der Arbeitsmarktförderung für die Landeshauptstadt arbeiten. Die Ermittlungen gegen einen entlassenen Mitarbeiter der Potsdamer Ausländerbehörde dauern dagegen an, wie ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft in Neuruppin gestern bestätigte. Der Amtsmann Michael E. soll Schmiergeld erhalten und dafür Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt haben.

In welcher Behörde der Stadt sich der neuerliche Fall abspielt, blieb gestern dagegen ungewiss – die Verwaltung teilte gestern weder den betroffenen Fachbereich noch den Dienstgrad des verdächtigen Mitarbeiters mit.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) verteidigte diese Praxis gestern persönlich und argumentierte dabei mit dem Schutz seiner knapp 2000 Mitarbeiter. Er berief sich auf den Freispruch vom Vortag. „Dieser Fall belegt eindeutig, wie sensibel mit Vorwürfen der Bestechlichkeit und Korruption und ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit umzugehen ist“, so Jakobs. So sei die betroffene Mitarbeiterin wegen der „erfolgten Berichterstattung in ihrer psychischen Unversehrtheit beschädigt“ worden – ein Schaden, der nicht wieder gut zu machen sei, hieß es. „Die Fürsorgepflicht des öffentlichen Arbeitgebers verbietet eine vorschnelle Information der Öffentlichkeit, solange es sich um unbewiesene Verdachtsfälle handelt“, sagte Jakobs. Gleichzeitig griff Jakobs die Medien an und unterstellte Journalisten, Tatsachen bewusst zu verdrehen. „Informationen, die geeignet sind, die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern zu beeinträchtigen und die Presse in die Versuchung führen könnten, bei fehlender Sensation etwas nachzuhelfen, werden auch künftig nicht veröffentlicht“, so Jakobs.

Potsdam will im kommenden Jahr dem Anti-Korruptions-Verein „Transparency International“ beitreten. Dafür muss sich eine Kommune verpflichten, über „wesentliche Korruptionsvorgänge“ zu informieren – auch die Medien. H. Kramer

H. Kramer

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