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Landeshauptstadt: Nächtliche Beutetour nach zehn halben Litern Bier

Anklage: Mit Komplizen 15 Autoschlösser zu knacken versucht/Bewährung und Sozialstunden

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Anklage: Mit Komplizen 15 Autoschlösser zu knacken versucht/Bewährung und Sozialstunden AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Eine Polizeimeldung in der Zeitung will Martin G.* und Daniel D.* auf die Idee der nächtlichen Pkw-Einbrüche gebracht haben. „Da stand, jemand hätte aus einem Auto 600 Mark und einen Laptop gestohlen“, berichtet Daniel D. – er wurde im Dezember 2002 vom Jugendschöffengericht bereits rechtskräftig verurteilt – im Zeugenstand. Also habe man auf sein Glück vertraut und sei in der Nacht des 4. Dezember 2001 gemeinsam losgezogen. Doch statt Bargeld oder Sachen, die sich in klingende Münze umrubeln lassen, fand das Duo bei seiner Diebestour lediglich in zwei Fahrzeugen ein Brillenetui, eine Taschenlampe und einen Kugelschreiber. Gestern musste sich Martin G. (30) vor dem Amtsgericht verantworten. Der bereits wegen Betruges in 13 Fällen sowie Eigenmächtiger Abwesenheit von der Truppe Vorbestrafte bäckt bei der Schilderung seines Tatbeitrags ganz kleine Brötchen. „Ich habe damals bei David gewohnt. An dem bewussten Abend haben wir jeder mindestens zehn halbe Liter Bier getrunken“, erinnert sich der Sozialhilfe-Empfänger. Arbeitslos und knapp bei Kasse, sei ihnen irgendwann der Zeitungsbericht eingefallen. „Da sind wir losgegangen. Daniel hat die Türen mit einem Schraubendreher geöffnet. Er hat auch nachgeguckt, ob was zu holen ist. Ich habe nur Schmiere gestanden.“ Sieben Autos – so der gelernte Zimmerer - habe sein Komplize problemlos geöffnet, acht Schlösser hätten ihm Widerstand geboten. Ob auch er einen Schraubendreher dabei hatte, vermag Martin G. nicht mehr zu sagen. „In meinem alkoholisierten Zustand hätte ich sowieso kein Schloss aufgekriegt“, vermutet der Angeklagte. „Ich wusste, wie das mit dem Schloss-Stechen funktioniert“, berichtet Daniel G. (21) „Ein Kumpel hat es mir erklärt. Da habe ich mir gedacht, das könnte man auch mal versuchen.“ Er habe selber gestaunt, wie schnell die erste Tür offen war, so der Zeuge. „Ich denke, Martin war auch zugange. Dass ich alleine versucht haben soll, 15 Fahrzeuge aufzubrechen, kommt mir ein bisschen viel vor.“ Daniel D. wechselt einen Blick mit dem auf der Anklagebank Sitzenden, revidiert sich dann: „So genau weiß ich das alles nicht mehr. Ich habe die Autos durchsucht, jedenfalls die, die unter einer Laterne standen, wo es schnell gehen musste.“ Die Staatsanwältin ist vom aktiven Mitwirken des Angeklagten an dem – wenn auch mageren – Beutezug überzeugt. Sie beantragt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Dr. Volkmar Schöneburg, Verteidiger von Martin G, geht von „einer Handlungseinheit“ aus. Folglich sei sein Mandant nur wegen eines Diebstahls zu bestrafen. Das Gericht erkennt auf zwei Fälle besonders schweren Diebstahls sowie 13-fachen versuchten schweren Diebstahls. Das Urteil: Acht Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung, 150 Stunden gemeinnützige Arbeit. (*Namen geändert.)

Gabriele Hohenstein

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