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Aus dem GERICHTSSAAL: Nächtlicher Würste-Klau in den Bahnhofspassagen

Angeklagter: Ich war damals obdachlos und hatte Hunger / Bereits ergangenes Urteil wurde in die Geldstrafe einbezogen

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Aus dem GERICHTSSAALAngeklagter: Ich war damals obdachlos und hatte Hunger / Bereits ergangenes Urteil wurde in die Geldstrafe einbezogen Klein und schmächtig ist Niklas G.* (23). Man glaubt ihm die Hungerzeit in der Vergangenheit, einer Vergangenheit, in der der Potsdamer ohne Dach über dem Kopf mal bei diesem, mal bei jenem Kumpel nächtigte. Manchmal hatte er auch gar keinen Schlafplatz – so wie am 25. Juni vorigen Jahres. Da zog Niklas G. mit zwei Bekannten durch die Gegend, machte gegen 3.40 Uhr Station in den Bahnhofspassagen. Dem Trio knurrten die Mägen. Aus einem mit Planen abgedeckten mobilen Verkaufsstand drang verführerischer Duft. Einer der jungen Männer quetschte sich durch die Abdeckung, beförderte dann 22 Würste und etliche Schinken zutage. Die Beute wurde redlich geteilt. Doch noch vor dem ersten herzhaften Biss in dieselbe trat der Wachschutz auf den Plan. Er griff sich die Eindringlinge und stellte die Lebensmittel sicher. Niklas G. steht nicht zum ersten Mal vor Gericht. Seine kriminelle Karriere begann 1997 mit einem Ladendiebstahl, dem weitere vier Verfahren wegen Diebstahls folgten. Im vorigen Jahr wurde er wegen Trunkenheit im Verkehr (Fahrrad) per Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 600 Euro „verdonnert“. Die sei allerdings noch nicht bezahlt, berichtet der Markthelfer, der seit kurzem wieder bei seinen Eltern wohnt. „Sie haben mich aus dem Sumpf gezogen.“ Nunmehr wolle er eine Fahrerlaubnis erwerben, um bessere Chancen im Berufsleben zu haben. „Mein Chef hat mir dann sogar eine Festanstellung in Aussicht gestellt.“ Da der Würsteklau zeitlich vor dem am 5. September 2003 erlassenen Strafbefehl wegen „alkohol- und drogenbedingter relativer Fahruntüchtigkeit“ lag, könne eine Gesamtstrafe gebildet werden, befindet Amtsrichterin Förg. Dieses Prozedere sei zudem günstiger für den Angeklagten, weil die Staatsanwaltschaft beim Erlass des Strafbefehls das monatliche Einkommen des Gelegenheitsarbeiters als zu hoch einschätzte. Das sieht der Staatsanwalt ebenso. „Eine Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld kommt ohnehin nicht mehr in Betracht, da der Angeklagte nicht zum ersten Mal lange Finger machte“, gibt er zu bedenken und beantragt eine Gesamtgeldstrafe von 675 Euro. Das Urteil des Gerichts ergeht ebenso. Die beiden Mittäter von Niklas G. müssen sich demnächst ebenfalls vor Justitia verantworten. (*Name geändert.) Hoga

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