Aus dem GERICHTSSAAL: Naiv oder unbelehrbar? Vielfachbetrüger
steht erneut vor Gericht
Stand:
Die Staatsanwältin forderte eine Geldstrafe von 2100 Euro. Damit wäre Thomas T.* (40) – angeklagt wegen Betruges – mehr als glimpflich davongekommen. Schließlich stand der Kraftfahrer schon über zwei Dutzend Mal vor Gericht, hat zahllose einschlägige Vorstrafen. Aber auch Diebstähle, Sachbeschädigungen, Hehlerei, Unterschlagung, Fahren ohne „Pappe“, Körperverletzung und Nötigung sind im Bundeszentralregister des Potsdamers vermerkt. Mehrfach saß er in Haft. Verteidiger Mark Eplinius ging von einer „gewissen Naivität“ seines Mandanten im aktuellen Fall aus. Er beantragte Freispruch. Als Amtsrichter Francois Eckardt eigentlich das Urteil sprechen sollte, erklärte er stattdessen, er könne auf den unentschuldigt fehlenden Geprellten nicht verzichten. Außerdem wolle er die Ehefrau des Angeklagten sowie dessen früheren Arbeitgeber vernehmen.
Am 24. Juli 2009 soll Thomas T. ein Notebook, ein Mobiltelefon sowie einen UMTS-Stick im Gesamtwert von 460 Euro in einem Fachgeschäft erworben haben, obwohl er laut Anklage kein Geld hatte, die Sachen zu bezahlen. Der Inhaber ging von der Bonität des Angeklagten aus, gestattete Ratenzahlung.
„Ich hatte wirklich nicht die Absicht zu betrügen“, versicherte der vierfache Vater zu Prozessbeginn. Er habe die Ware „unter der Voraussicht gekauft, bald ausstehende finanzielle Mittel zu erhalten“. Damals habe er bei einer Kurierfirma gearbeitet. Die habe schließlich keinen Lohn mehr gezahlt. „Da habe ich gekündigt. Als ich dann doch noch eine kleinere Summe bekam, habe ich die erste Rate sofort bezahlt und um Aufschub für die Begleichung der weiteren gebeten“, erklärte der Angeklagte. Aber der Geschäftsmann habe sich geweigert. „Eines Tages stand er vor unserer Tür und bedrohte meine Frau. Da wollte ich nicht weiter mit ihm kommunizieren“, begründete der Potsdamer seine Nichtzahlung.
„Der Proband hat eine geringe Frustrationstoleranz“, schätzte der Bewährungshelfer von Thomas T. ein. „In Konfliktsituationen schießt er über.“ Deshalb seien sie gemeinsam ins Geschäft gegangen, Thomas T. habe die noch ausstehende Summe beglichen. Insgesamt sei er mit dem Bewährungsverlauf sehr zufrieden. „Er kommt regelmäßig zu den Gesprächen und bemüht sich um akzeptable Lösungen, wenn wieder ein Problem auftritt.“ Momentan habe Thomas T. eine Festanstellung, die er keinesfalls aufs Spiel setzen wolle. „Er ist bestrebt, seine Familie finanziell über Wasser zu halten und sorgt sich besonders um die Kinder“, so der Bewährungshelfer.
Am 21. Juni geht der Prozess in die zweite Runde. Ob sich die Waage dann zugunsten des Angeklagten neigt, hängt auch von den Aussagen der Zeugen ab. (*Namen geändert.) Hoga
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