Aus dem GERICHTSSAAL: Nasenspitze abgebissen
Motiv war Eifersucht / Verfahren eingestellt
Stand:
Hat Martin M.* (19) seinem Lebensgefährten am 19. Dezember 2010 die Nasenspitze in Notwehr abgebissen, weil der ihn heftig würgte? Torsten T.* (28), ehemaliger und inzwischen wieder aktueller Partner des gelernten Altenpflegers, konnte sich gestern an derartige Handgreiflichkeiten nicht erinnern, wollte sie aber auch nicht ausschließen. Schließlich hätten er und Martin eine ganze Flasche Wodka geleert, bevor sie zur Party im Club Havanna in der Charlottenstraße aufbrachen. Dort sei die Trinkerei weitergegangen.
Die Staatsanwaltschaft klagte Martin M. wegen schwerer Körperverletzung – einem Verbrechen – an. Sein Opfer Torsten T. sei auf Dauer entstellt, auch wenn die Nasenspitze im Bergmann-Klinikum wieder angenäht werden konnte. Nach nur einstündiger Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht wurde das Verfahren gegen den Potsdamer allerdings eingestellt. Die Kontrahenten hatten sich während eines Täter-Opfer-Ausgleichs ausgesprochen und die Hände gereicht. „Torsten hatte mit mir Schluss gemacht. Aber wir haben noch zusammen gewohnt und sind an diesem Abend auch gemeinsam feiern gegangen“, erzählte der Angeklagte. Als er mit Bekannten vor der Tür des Clubs geraucht und herumgeflachst habe, sei Torsten dazugekommen und „ziemlich wütend“ geworden. In der Bar – Martin sagte seinem Ex-Partner, er habe sich in einen anderen verliebt, was nicht stimmte – habe sich der Zoff fortgesetzt, sei schließlich zur Rangelei geworden. „Irgendwann lagen wir auf dem Boden. Ich spürte seine Hände am Hals. Da sah ich keine andere Möglichkeit mehr, als zuzubeißen“, so Martin M. „Ich habe in dem Moment komischerweise keine Schmerzen empfunden“, berichtete T. Weil seine Nase blutete, sei er zur Toilette gegangen, habe erst beim Blick in den Spiegel gesehen, dass deren Spitze fehlte. Zwei Operationen habe er bereits hinter sich, eine dritte werde folgen. „Bis jetzt sieht die Nase optisch noch nicht so schön aus. Aber der Arzt hat gesagt, das wird besser. Auch das Taubheitsgefühl in der Spitze soll sich geben“, so Torsten T. Vier Tage lag er nach der Attacke im Krankenhaus, war anschließend sechs Wochen arbeitsunfähig. Doch räumte auch T. eine Mitschuld ein. „Ich war immer noch eifersüchtig. In meiner Rage habe ich mit den Fäusten auf Martin eingetrommelt. Als er mich zu beißen begann, bin ich ihm an die Kehle gegangen. Vielleicht habe ich ihn auch gewürgt.“
„Seit mehr als 25 Jahren mache ich meinen Job. Aber so etwas ist mir noch nicht untergekommen“, staunte die Schöffengerichts-Vorsitzende. „Das ist wirklich nicht der übliche Fall, was Beziehungstaten angeht.“ (*Namen geändert.) Hoga
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