Landeshauptstadt: Natürlich motiviert
Die Montessori-Pädagogik gilt trotz ihres Alters von 100 Jahren als aktueller denn je
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Legosteine gibt es nicht, Barbiepuppen auch nicht. Gespielt wird in dem Montessori-Kinderhaus Potsdam-West auf eine ganz andere Art und Weise, denn dort steht das Lernen im Vordergrund. Spielen können die Kinder mit verschiedensten Arbeitsmaterialien. Was hier klingt wie ein Kinderalbtraum ist eine über 100-jährige Pädagogikmethode und alles andere als ein Kinderschreck.
Diese Pädagogik- oder Bildungsmethode wurde im Jahre 1906 von der italienischen Ärztin und Pädagogin Maria Montessori entwickelt. Der Leitsatz dieser Methode lautet: „Hilf mir, es selbst zu tun“. Sie zielt darauf ab, bei den Kindern, ob Schul- oder Kindergartenkind, die natürliche Motivation zum Lernen zu wecken. „Kinder haben ihren eigenen inneren Bauplan. Sie wissen genau, wann sie was lernen wollen“, sagte Heike Menz, Pädagogin und Leiterin des Kinderhauses, vergangenen Samstag am Rande des Tages der offenen Tür.
Es sei zwecklos, die Kinder mit Themen zu konfrontieren, die sie noch gar nicht interessieren, sagte Menz. Dies erzeuge Druck und negative Gefühle. Die natürlichen Interessen der Kinder sollen auf diese besondere Weise gefördert werden. „Die Kinder geben das Thema und das Tempo vor. Nur so können sie Spaß am Lernen entwickeln“, sagte die Leiterin. Dass diese Strategie eintönige Themen hervorbringen könnte, sei keine Gefahr, denn: „Wichtig ist, dass den Kindern stets verschiedenste Themen angeboten werden. Irgendwann entwickeln sie dann das nötige Interesse“.
Der Respekt und die Achtung vor dem Kinde und seinen natürlichen Interessen werde in der Montessoripädagogik groß geschrieben, betonte die Leiterin. Daraus ergebe sich, dass sich die Erzieher eher als Beobachter oder Begleiter sehen, denn als Belehrende: „Wir schaffen die Rahmenbedingungen, unter denen die Kinder eigenständig lernen, wir helfen ihnen, es selbst zu tun.“
An antiautoritärer Erziehung ginge diese Methode aber vorbei: „Nein, das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Das Kind entscheidet lediglich, mit welchem Thema es sich befassen möchte. Grenzen und Regeln gibt es auch.“ Die Freiheit habe als Grenze das Interesse der Gemeinschaft. Kompromisse müssen eingegangen werden, aber ohne das Intervenieren der Erzieher. Auf den Respekt vor Mitmenschen, aber auch den Arbeitsmaterialien werde wert gelegt, sagte Menz.
Das Spielen mit den Arbeitsmaterialien betreffe vier Kategorien: Das ist erstens die Übung des täglichen Lebens. Hier können Kinder etwa ein schweres Stück Holz tragen, um ihre motorischen Fähigkeiten zu stärken oder Tische abwischen, zur motorischen Vorbereitung des Handgelenkes auf das Schreiben. Zweitens beschäftigen sich die Kinder mit Sinnesmaterialien wie mit Buchstaben aus Sandpapier oder mit Akustik-Memoryspielen. Drittens gibt es die sprachliche und mathematische Erziehung. So sind etwa an der gelben Kette immer fünf Perlen aufgesteckt, an der roten sechs. Gelb plus rot ergebe dann grün. So könne das Kind mit allen Sinnen spielend lernen und es baue schon im Kindergartenalter kognitive Strukturen auf, die ihm in der Schule und im Leben helfen, erzählte die Kinderhausleiterin. Und das ohne Leistungsdruck. Die letzte Kategorie ist die kosmische Kategorie. Hier lernen die Kinder alles über Kulturen, Astronomie und unterschiedliche Weltbilder. „Das Interesse an dieser Pädagogik ist in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen“, so Menz. Das spreche für sich.
Ab Herbst wird, so Nicole Hoymann, Vorstandsmitglied des Montessori-Kinderhaus e.V., der Mietvertrag in der Geschwister-Scholl-Straße auslaufen. Das Kinderhaus werde dann in die Knobelsdorffstraße 7, in das Tony-Stemmler- Haus, ziehen.
Sabine Blumrich
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