Landeshauptstadt: Nervengift gegen Augenzwinkern

Innenstadt – Wer sich von Professor Hubertus K. Kursawe die Botox-Spritze setzen lässt, dem geht es nicht um verhasste Krähenfüße. Der Neurologe am Sankt-Josefs-Krankenhaus in der Allee nach Sanssouci behandelt mit dem Nervengift „Botulinum-Toxin“ – bekannt als Faltenkiller Botox – lokale Spastiken, wie das krampfhafte Augenzwinkern. Im vergangenen Jahr laut Kursawe 323 Mal. 1997, als die ambulante Neurologie-Sprechstunde am Josefs-Krankenhaus begann, waren es gerade mal zehn.

Für diese Steigerung sei vor allem die Zulassung des Medikaments für die Behandlung von Spastiken – einer krampfartig erhöhten Spannung in der Muskulatur – verantwortlich, erklärt der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Die Zulassung gebe es seit nunmehr fünf Jahren.

Vom krampfhaften Augenblinzeln seien vor allem ältere Leute betroffen – etwa, wenn eine Gesichtslähmung nach einem Schlaganfall „übermäßig ausheilt“, wie Kursawe erklärt. Aber auch Stress könne das unwillkürliche Zucken des Augenmuskels auslösen. „Die Patienten fühlen sich sehr gequält“, berichtet der Neurologe: Sie könnten im Extremfall nicht mehr lesen oder fernsehen, sogar Radfahren wird unmöglich. Der Leidensdruck sei groß.

In solchen Fällen, „bei zugelassen Indikationen“, wie der Neurologe erklärt, übernehmen die Krankenkassen die Kosten von 347 Euro pro Spritze. Von denen müssen allerdings mehrere in den runden Muskel, der das Auge einfasst, gestochen werden. Hier kommt es auf die richtige Dosierung an: „Sonst fällt das Lid herunter und bleibt für ein paar Wochen schwach“, erklärt Kursawe, der als Mitglied der Arbeitsgruppe „Botulinum-Toxin“ der Gesellschaft für Neurologie seit 15 Jahren Erfahrung mit dem Nervengift hat. Die Stärke des Mittels wird übrigens in so genannten „Mouse Units“ – Mäuseeinheiten – gemessen, erzählt er. Etwa alle drei Monate muss die Behandlung wiederholt werden. Langzeitwirkungen gebe es nicht, versichert Kursawe. JaHa