
© Manfred Thomas
Von Michael Meyer: Nestor denkt ans Aufhören – eigentlich Arno Goreczko-Ließ wird heute 80 Jahre alt
Wenn Arno Goreczko-Ließ ins Erzählen kommt, kann er darüber schon mal die Zeit vergessen. Kein Wunder, blickt der Nestor des Potsdamer Volleyballsports heute doch auf acht Lebens-Jahrzehnte zurück.
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Wenn Arno Goreczko-Ließ ins Erzählen kommt, kann er darüber schon mal die Zeit vergessen. Kein Wunder, blickt der Nestor des Potsdamer Volleyballsports heute doch auf acht Lebens-Jahrzehnte zurück. Und die letzten 60 davon standen ganz im Zeichen des Spiels am Netz.
„Das ist eigentlich der beste Anlass aufzuhören“, sagt der immer noch sehr agile und drahtige Senior, der deutlich jünger wirkt, und das Wörtchen „eigentlich“ verrät, wie schwer Goreczko-Ließ der Abschied vom Volleyball fallen würde. In dieser Saison hat der Dauer-Trainer mit dem Potsdamer VC ein Jahr nach dem Aufstieg in die Landesliga als Tabellenzweiter ganz knapp die Relegation zur nächsthöheren Liga verpasst. „Die Brandenburgliga wäre mit unserer jungen Truppe noch mal eine Herausforderung gewesen, aber ich denke, nun ist Schluss“, meint der Potsdamer, um sofort nachzuschieben: „Andererseits: Wer weiß, was noch passiert und ob ich noch mal gebraucht werde “
Nach sechs Jahrzehnten am Volleyballnetz sprudelt der gebürtige Breslauer, der bei nur 1,75 Metern Körpergröße mit 3,15 Metern höher sprang als ein Basketballkorb hängt (3,05 Meter), über an Anekdoten, wenn er aus seinem Leben erzählt. Wie er 1950 in Prenzlau erstmals ein Volleyballnetz sah und sofort Feuer fing. Wie er kurz darauf in Zittau mit dem nur zwei Jahre älteren Egon Saurer, dem späteren Nationaltrainer der DDR-Frauenauswahl, einen Mitspieler und Mentor fand, von er viel lernte und mit dem er immer noch in Kontakt steht. Wie er 1960 zum Studium nach Potsdam kam und auch hier sofort seinem sportlichen Hobby frönte. Wie er 1967 hauptamtlicher Volleyballtrainer der SG Dynamo im Potsdamer Ernst-Thälmann- Stadion wurde und in Schulen und auf der Straße talentierte Mädchen für seine Sportart warb. Wie er 1969 an der Organisation des Volleyball-Weltpokals in Berlin (Ost) beteiligt war und sich dabei von Nationaltrainern aus den USA und der Sowjetunion einiges abguckte. Wie er es ein Jahr später bei der Männer-WM in Sofia durch Tricks in die völlig überfüllte Spielhalle schaffte und dort den knappen Endspielsieg der DDR- Auswahl mit dem Babelsberger Rainer Tscharke gegen Gastgeber Bulgarien erlebte. Wie er Mitte der 70er Jahre die spätere 263-fache DDR- und gesamtdeutsche Nationalspielerin und dreifache Olympiateilnehmerin Susanne Lahme vom Rudern ans Volleyballnetz lockte. Wie er 1978 mit seinen jungen Potsdamer Frauenteams in die Frauen-Oberliga aufstieg und dreifacher DDR-Meister der weiblichen Jugend wurde. Wie er schließlich 1988 wegen der Westkontakte seiner Tochter aus der Ehe zuvor seinen Job bei Dynamo aufgeben musste und zum Schein invalide geschrieben wurde. „Um mich elegant loszuwerden“, wie er jetzt noch weiß.
Damals war Arno Goreczko-Ließ schon mit seiner Birgit ein Paar, die zu seiner erfolgreichen Mannschaft gehörte, ihn heiratete und nach der Wende und einer Saison beim Regionalligisten VC 68 Eichwalde gemeinsam mit ihm bei der WSG Waldstadt Potsdam ein Erfolgsteam war. Birgit Ließ wurde Kapitän einer Hausfrauentruppe, der unter Regie ihres Mannes der Durchmarsch von der Kreisklasse bis in die Regionalliga gelang. Goreczko-Ließ trainierte die Mannschaft bis 2006, zog sich mit der Umwandlung des SC-Teams zum SC Potsdam II aber nicht völlig vom Volleyball zurück, sondern stand auch bei den Regionalliga-Herren der WSG Waldstadt und des USV Potsdam an der Seitenlinie, wenn Hilfe gebraucht wurde. Selbst beim damaligen Frauen-Zweitligisten SC Potsdam sprang „Potsdams Seniorensportler des Jahres 2006“ ein. Das jetzige Geschehen dort betrachtet er mit einiger Distanz: „Heute werden die Spielerinnen von überall zusammengeholt. Wir haben sie damals noch alle selbst ausgebildet.“
So wie auch seine beiden Söhne Robert (27) und Fabian (19), die in den letzten beiden Jahren beim Potsdamer VC erstmals gemeinsam unter Regie ihres Vaters spielten. „Ich habe eine harmonische Familie und bin ein glücklicher Mensch“, sagt Arno Goreczko-Ließ, der den heutigen Tag ganz im Kreise seiner Lieben genießt, ehe er seinen „80.“ morgen Abend im Kongresshotel am Templiner See feiert. Dann wird er viel zu erzählen haben.
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