Landeshauptstadt: Netz für Kinder
Lehrgänge für Hebammen und Kinderärzte geplant / Eltern-Kind-Zentrum am Stern wird weitergeführt
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Innenstadt – „Irritiert“ zeigte sich Elona Müller (parteilos) beim Blick in die gestrigen Zeitungen: „Es ist mitnichten so, dass wir an einer Netzwerkarbeit für Kinder nicht interessiert sind“, erklärte die Sozialbeigeordnete der Stadt am Mittag vor Pressevertretern und widersprach damit einem Bericht vom Vortag. Darin hatte sie gesagt, dass in Potsdam derzeit keine Gründung eines „Netzwerks Gesunde Kinder“ geplant sei.
Gemeint sei damit lediglich, dass Potsdam nicht das speziell in Lauchhammer bewährte Netzwerk-Modell übernehmen werde, präzisierte die Sozialbeigeordnete gestern. In Lauchhammer bekommen Familien mit Kindern bis zum Alter von drei Jahren einen „Paten“ zur Unterstützung. Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) hatte am Mittwoch angekündigt, dass nach den jüngsten Fällen von Kindstötungen im Land die „Netzwerke Gesunde Kinder“ flächendeckend ausgebaut werden sollen. Auch der SPD-Unterbezirksvorstand Potsdam sprach sich gestern für die Schaffung eines „Netzwerks Gesunde Kinder“ in der Landeshauptstadt aus: „Ziel muss sein, alle Geburten zeitnah zu begleiten und den gesellschaftlichen Kontakt zu werdenden Müttern und jungen Familien in den ersten Monaten und Jahren nicht abreißen zu lassen“, heißt es im entsprechenden Beschluss.
In Potsdam gebe es bereits ein funktionierendes Kinder- und Familienbetreuungsnetz, erklärte Elona Müller nun und verwies unter anderem auf den im November 2007 an den Start gegangenen „Baby-Begrüßungsdienst“. 350 Kinder hätten die beiden Sozialpädagogen der Stadt seitdem zu Hause aufgesucht und damit 97 Prozent der Familien mit Neugeborenen erreicht: „Eine ganz hervorragende Quote“, wie Müller betonte.
Momentan plane man eine Weiterbildung für Hebammen und niedergelassenen Kinderärzte der Stadt, so Müller weiter. Zusammen mit dem Ernst-von-Bergmann-Klinikum und der Familienexpertin Christiane Ludwig-Körner, Professorin an der Fachhochschule Potsdam, wolle man ein entsprechendes Qualifizierungsangebot erarbeiten. Dabei sollen Hebammen und Kinderärzte geschult werden, neben medizinischen Belangen auch auf „bestehende emotionale Schwierigkeiten“ aufmerksam zu werden und einen möglichen Bedarf für weitergehende Unterstützung der Eltern festzustellen. Es gehe nicht darum, sich „als Spionin“ zu betätigen, betonte Müller. Die Hebammen und Kinderärzte sollen vielmehr in das bestehende Gesamtsystem miteinbezogen werden.
Neben der „aufsuchenden Arbeit“ setze Potsdam vor allem darauf, „Eltern aus der sozialen Isolation herauszuziehen“, erklärte Müller. Denn bei den bekannten Fällen von Kindesmisshandlung oder -tötung hätten die Mütter zuvor „völlig isoliert gelebt“. Kontakte nach außen könne der Baby-Begrüßungsdienst vermitteln: Etwa zu Spielgruppen oder einer Beratung für schreiende Kinder. „Eltern wissen oft nicht, was es in ihrem Stadtteil gibt“, so Elona Müller.
Gute Erfahrungen habe man auch mit dem Eltern-Kind-Zentrum der AWO am Stern gemacht. Dort existiert mittlerweile unter anderem eine Kleidertauschbörse, eine Erziehungsberatung oder Kochkurse. Die Kontaktaufnahme sei für Eltern weniger problematisch, weil die Einrichtung an der ohnehin besuchten Kita angebunden ist, sagte die Sozialbeigeordnete. Aufgrund der erfolgreichen Arbeit werde die Stadt die Finanzierung übernehmen, wenn die Landesmittel für das Pilotprojekt – laut Jugendamtsleiter Norbert Schweers 30 000 Euro pro Jahr – im Juni 2008 auslaufen. Die Verwaltung werde sich auch für die Entwicklung neuer Eltern-Kind-Zentren in anderen Stadtteilen aussprechen, so Schweers.
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