Von Günter Schenke: Neubau an Siemens-Villa geplant
Zwei Jahre nach Zwangsversteigerung: Käufer gesucht und Bauverhandlungen
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Jägervorstadt - Die Siemens-Villa in der Gregor-Mendel-Straße 21 wartet zwei Jahre nach der Zwangsversteigerung immer noch auf einen Käufer und Nutzer. „Das wäre ein idealer Ort für Mediziner, die zum Beispiel die Verschwiegenheit des Umfeldes schätzen oder ein attraktiver Bürositz“, meint Hans-Helmut Willers von der Hamburger Kück-Grundstücksgesellschaft Weinheim (KGW).
Die KGW hatte das Anwesen für reichlich drei Millionen Euro im November 2006 erworben. Auf dem 9000 Quadratmeter großen Parkareal zwischen Gregor-Mendel-Straße und Schlegelstraße stehen neben der Siemens-Villa ein Kutscher- und ein Gärtnerhaus sowie ein Neubau mit Tiefgarage. Mit letzterem Bau hatte bereits der Vorbesitzer begonnen, es dann aber wegen Insolvenz unvollendet lassen müssen. Die KGW hat nach Auskunft von Firmenchef Holger Kück seit 2006 drei Millionen Euro investiert, um den Bau zu vollenden. Dabei musste der Bernauer Architekt Urs Ganter vom Büro Kaltenbach & Ganter erhebliche Änderungen der ursprünglichen Planungen vornehmen. Die jetzt fertigen Eigentumswohnungen will Kück bis zum Sommer 2009 verkauft haben. Eine Wohnung sowie die beiden Remisen, also Kutscher- und Gärtnerhaus, haben bereits einen neuen Eigentümer und privaten Nutzer. Der Kaufpreis für die 83 bis 171 Quadratmeter großen Eigentumswohnungen beträgt laut Kück durchschnittlich 2 700 Euro pro Quadratmeter.
Der legendäre Unternehmer Werner von Siemens ließ die außergewöhnliche Privatvilla 1890 für seine Tochter Käthe Pietschker, die Mutter des Flugpioniers Werner Alfred Pietschker, erbauen. Als Wohnhaus ist es mit seinen 1 120 Quadratmetern Nutzfläche geradezu feudal. Großzügige, hohe Räume, eine kleine neugotische Kapelle, ein imposanter Lichthof sowie voll ausgebaute Kellergewölbe sind die Hauptmerkmale des ungewöhnlichen Baues, der wie die Remisen nach Plänen des Berliner Architekten Otto March errichtet wurde.
Käthe Pietschker wohnte mit Duldung der sowjetischen Besatzer noch nach dem zweiten Weltkrieg bis zu ihrem Tod in den oberen Räumen. Nach einem Brand bis auf die Grundmauern war die Villa bis 1994 vom Berliner Rechtsanwalt und Vorsitzenden des Fördervereins zum Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses Michael Schöne weitgehend in den Originalzustand versetzt worden. Nutzer war unter anderem das Forschungszentrum für Europäische Aufklärung. Berühmtheit erlangte das Grundstück in neuerer Zeit, als im August 2007 der US-Schauspieler Tom Cruise den Film über den Hitler-Attentäter Graf Schenk von Stauffenberg drehte. „Wenn es jemanden gibt, der auf über 1200 Quadratmetern wohnen will, so soll auch das geschehen“, sagt Kück. Er favorisiere jedoch eine gewerbliche Nutzung.
Mit dem Bau der neun Eigentumswohnungen ist die Entwicklung des Areals zwischen Schlegel- und Mendelstraße nicht beendet – wenn es nach der Absicht der Kück-Gesellschaft geht. Sie plant ein weiteres Mehrfamilienhaus zwischen dem Gärtnerhaus und dem bereits realisierten Neubau und steht darüber mit der Stadt in Verhandlungen. Obwohl ein Bauvorbescheid bereits positiv erlassen war, hat die Bauverwaltung einen weiteren Bau zunächst unterbunden. Grund dafür dürfte die von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Gestaltungssatzung sein. Diese soll die historische Grundstruktur des Areals erhalten helfen.
Günter Schenke
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