Landeshauptstadt: Neue Gesichter – anderer Wind
Die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung konstituierte sich gestern Abend
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Die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung konstituierte sich gestern Abend Von Detlef Gottschling Neue Gesichter, die Sitzreihen stehen anders und viel enger, unbekannte Namensschilder, der Oberbürgermeister mit Amtskette um den Hals – gestern hat sich die neue Potsdamer Stadtverordnetenversammlung konstituiert. Und erstmals spielten die Ortsteile Potsdams, besonders die sieben neuen, eine bisher unbekannte große Rolle: „Eingemeindungen bringen auch Schmerzen hervor – Babelsberger unter uns wissen, wie lange die anhalten können“, sagte Alterspräsidentin Gisela Opitz (BürgerBündnis) und holte sich die beiden Jüngsten, Harald Kümmel (SPD) und André Stephan (PDS) als Beisitzer auf das Podium. Der Start in die neue Legislatur beginnt gleich mit einer Stichwahl, denn die Abgeordneten schwanken bei der Wahl zum Vorsitz der Versammlung zwischen zwei Kandidatinnen: Birgit Müller (PDS) erhält im ersten Wahlgang 20 Stimmen, Hannelore Knoblich von der SPD immerhin 22 – doch der Abstand ist zu gering für einen Sieg. So setzt sich beim Stechen dann die PDS-Frau durch, die nun schon die dritte Periode oben auf dem Präsidium sitzt. Hannelore Knoblich heimste dafür bei der Stellvertreter-Wahl mit 40 die meisten Stimmen ein, ihr folgten Hella Drohla von der PDS und Claus Wartenberg von der SPD mit jeweils 34 – Steeven Bretz (CDU) schaffte es mit 30 Wählern. Was dann folgte, gab einen Vorgeschmack auf die künftigen Stadtverordnetensitzungen: Unkalkulierbares Abstimmungsverhalten der Fraktionen, die Kleinen als die berühmten Zünglein an der Waage. Gleich vier Fraktionen, PDS, Die Andere, Familien-Partei und Bündnis90/Die Grünen beantragten die Änderung der Hauptsatzung und kamen locker damit durch, wenn auch CDU-Fraktionschef Götz -Thorsten Friederich vehement dagegen geredet hatte. So wird der Hauptausschuss künftig anstatt der bisherigen 14 dann 16 Mitglieder haben. Hans-Jürgen Scharfenberg begründete den Antrag damit, dass alle Fraktionen im Hauptausschuss vertreten sein müssten. Der Schlüssel sei fünf für die PDS, drei für die SPD, drei für die CDU und drei Plätze, die das BürgerBündnis, Die Andere und die Familien Partei per Los entscheiden müssten. Das 16. Mitglied ist Oberbürgermeister Jann Jakobs. Dieser rauschte mit seinem folgenden Antrag zur zahlenmäßigen Besetzung der Fachausschüsse prompt durch: Wollte er die Ausschüsse für Bildung und Sport, für Eingaben und Beschwerden, für Kultur, für Soziales, für Ordnung, Umwelt- und Gesundheitsschutz mit jeweils neun Mitgliedern besetzen und die Ausschüsse für Finanzen und Rechnungsprüfung sowie für Stadtplanung und Bauen mit jeweils 12, machten die Abgeordneten dabei nicht mit. Statt dessen gibt es nun folgende Ausschüsse mit durchgehend neun Mitgliedern unter der entsprechenden Leitung: Bildung und Sport, PDS; Eingaben und Beschwerden, PDS; Finanzen, PDS; Ordnung, Umwelt- und Gesundheitsschutz, PDS; Kultur, CDU; Rechnungsprüfung, CDU; Soziales, SPD; Stadtplanung und Bauen, SPD. Der Jugendhilfeausschuss ist nach dem Jugendgesetz und nicht von der Stadtverordnetenversammlung zu bilden und konstituiert sich gesondert. Damit hatte sich auch der Antrag des Oberbürgermeisters zur Sitzeverteilung im Hauptausschuss erledigt. Doch er versuchte, noch einen Antrag abstimmen zu lassen: Die Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung stand zur Änderung an, denn neu sind die Ortsteile und damit im Zusammenhang stehenden Ortsbeiräte. Deren Mitarbeit war zu regeln, und schon begann man sich uneinig zu werden. Über diejenigen, die dort angehört werden können, so Lutz Boede (Die Andere), über Einwohnerfragestunden und Ortsteileinwohnerversammlungen. Stadtkämmerer Burkhard Exner verwies darauf, dass man hier auf rechtlich unsicheren Pfaden wandele – daraufhin verwies die PDS die Probleme gleich in den Hauptausschuss. So konnte die Geschäftsordnung wenigstens als Entwurf passieren. Doch mit dem zweiten Teil des Antrags, der zeitlichen Neugliederung der Sitzungen, hatte Jakobs keinen Erfolg. Die Einwohnerfragestunde sollte in die Zeit zwischen 19 und 20 Uhr gelegt werden, um sie bürgerfreundlicher zu machen, die Fragestunde der Fraktionen zwischen 18 und 19 Uhr liegen, und gleich zum Anfang künftig die Wiedervorlagen und Anträge stehen. Davon wollten so wenige etwas wissen, dass der Oberbürgermeister mit 27 zu 22 Stimmen durchfiel. Feierlich wurde es im Saal, als die neuen Ortsteilbürgermeister per Ernennungsurkunde „Ehrenbeamte“ wurden: Hans Becker für Uetz-Paaren, Andreas Kleemund, Eiche, Ulf Mohr, Golm; Claus Wartenberg, Fahrland; Hans-Jürgen Merke, Groß Glienicke; Dirk Meerkamp, Grube; Hartmut Reiter, Neu Fahrland; Dietrich Menzer, Marquardt sowie André Haufe (nicht anwesend) für Satzkorn.
Detlef Gottschling
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