Landeshauptstadt: Neue Wege für neue Mensa
Architektur-Studenten stellten Entwürfe für Voltaire-Gesamtschule vor. Anschubfinanzierung könnte eine Stiftung übernehmen
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Wenn Schule in der Erinnerung ein besonderer Ort sein soll, dann werden diejenigen, die derzeit an der Voltaire-Gesamtschule lernen, die Räumlichkeiten auch noch rückblickend sicher als besonders hässlich empfinden. Vor allem ihre Mensa. Niedrige Decken, Böden, die sich wellen, düstere Räume. Eine erdrückende Enge.
Aber ihre Mensa könnte auch anders aussehen. Das zeigten am Dienstagabend Studenten der Fachhochschule Potsdam. Sie hatten zusammen mit ihrem Professor Karl-Heinz Winkens in die Mensa der Schule geladen, um ihre Architekten-Entwürfe für einen neuen Mensabau vorzustellen, die sie in ihrem sechsten Studiensemester erstellten. Rund 50 Gäste waren gekommen, Schulleitung, Lehrer, Eltern, Schüler, aber auch Mitarbeiter der Stadt. Seit sechs Jahren ringt die Schule um eine bauliche Erneuerung ihres maroden DDR-Speisewürfels, der auch die Aula beherbergt. Die Notwendigkeit dafür sieht die Stadt, nur war sie bislang nicht bereit zu investieren und verwies auf klamme Kassen.
Erstmals nun könnte aber Schwung in die festgefahrene Situation kommen. Denn mit dem Studenten-Projekt geht die Schule neue Wege. Ein Semester lang hatten die Studierenden an den Entwürfen gearbeitet und vor Monaten das Gelände in der Innenstadt erstmals in Augenschein genommen. „Wir waren entsetzt“, sagte Winken. „Räumlich hat das alles keine Qualität.“ Schulleitung, Lehrer und Schüler – also die Nutzer der künftigen Räume – hatten sich während der Projektphase mit den Studierenden beraten, um den räumlichen Bedarf zu bestimmen und Wünsche zu erörtern. Mit der Stadtverwaltung gab es solche intensiven Gespräche bislang nicht.
Die neuen Ideen für die Mensa und die Aula kommen von Studierenden aus Deutschland – eine unter ihnen war selbst Voltaire-Schülerin – aus Italien, Japan und Indonesien. Die Arbeiten der angehenden Architekten geben denn auch überraschende Einblicke in die ästhetischen Möglichkeiten und neue Raumgefühle: ob als Anbau an das bestehende Hauptgebäude, als kompletten Neubau oder Erweiterung der bestehenden Mensa. Es sind lichtdurchflutete, offene Räume mit Rückzugszonen entstanden, wie sie für eine Schule im Ganztagsbetrieb wünschenswert wären. Als Leitfaden, so die Studentin Franziska Springer, habe gegolten: einen Quadratmeter pro Person. So viel Platz ist gesetzlich für einen Essensteilnehmer vorgeschrieben. Und an der vierzügigen Schule lernen rund 900 Schüler, rund 500 von ihnen essen regelmäßig mit. „Wir waren überrascht, wie groß das Gebäude wurde“, sagte Franziska Springer. Die Stadt hatte der Schule stets bescheinigt, dass die vorhandenen Kapazitäten ausreichen.
„Ich würde mich freuen“, sagte Johannes Becker, Vater von drei Kindern in der anschließenden Diskussion, „wenn der Enthusiasmus weiterträgt. Es sollte nicht verpuffen, was von den Studenten hier erdacht worden ist.“ Ein anderer Vater bezeichente es gar als „seelische Entlastung für die Kinder“, würde es neue Räumlichkeiten geben. Und die Zwölftklässlerin Vanessa Büchert sagte: „Es ist wichtig, dass wir einen Raum haben, der uns nicht erdrückt. Ich bin dankbar für jede Rückzugszone und jeden offenen Raum.“
Der Werkleiter des Kommunalen Immobilien-Service, Bernd Richter, lobte die „vielen kreativen Lösungen“. Gleichzeitig gab er sich gewohnt kostenorientiert. „Ich würde mich freuen, wenn wir in der Umsetzung deutlich unter zwei Millionen Euro bleiben würden.“ Die finanzielle Machbarkeit sei bewusst kein Kriterium gewesen, entgegnete Architekt Winkens, sondern es gehe um räumliche Qualität. Immerhin bewege sich die Hälfte der Arbeiten in einem Rahmen von unter zwei Millionen Euro, so Winkens. Auch seien Überlegungen zu Fluchtwegen und zum Brandschutz außen vor gelassen worden. Denn er ist überzeugt: „Wenn das Konzept stark ist, findet man für die Brandschutzproblematik eine Lösung.“ Der Architekt Winkens, der den Neubau für die Weiße Flotte entworfen hatte, versteht die Arbeiten seiner Schüler weniger als Vorlage für konkrete Planungen denn als „Anregung, dass Feuer gefangen und in sehr professioneller Weise weitergearbeitet wird“. Als nächsten Schritt – Projektfinanzierung vorausgesetzt – wünscht er sich einen Architektenwettbewerb, wie er auch für die Grundschule Am Priesterweg durchgeführt wurde.
In Sachen Finanzierung scheint sich die Stadt zu bewegen. Die Landeshauptstadt Potsdam bemühe sich, so Pressesprecher Stefan Schulz, die Mensa der Voltaire-Schule in die nächste Investitionsplanung 2014-2018 aufzunehmen. „Wir prüfen alle Möglichkeiten, das umzusetzen.“ Zuhilfe könnte ihr dabei kommen, dass die Schule überlegt, eine Stiftung zu gewinnen, die eine Anschubfinanzierung garantiert. „Das ist ein Ansatz, den man mit der Politik diskutieren muss“, sagte Richter. Immerhin zeigte er sich bereit, in kleiner Runde mit Eltern und Schulleitung weiterzuarbeiten.
Für die Schule allerdings drängt die Zeit. Im nächsten Jahr läuft die Vierzügigkeit aus. Dann wird es fünf statt bisher vier Klassen geben und beim Essen und in der Aula noch enger.
nbsp;Grit Weirauch
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