Von Juliane Wedemeyer: Neuer Trend: Leihärzte im OP
Wegen Ärztemangel setzen auch in Potsdam Krankenhäuser immer öfter Mediziner auf Honorarbasis ein
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In Potsdam werden die Klinikärzte knapp. Auch in den Krankenhäusern der Landeshauptstadt stehen immer öfter Leihärzte im Operationssaal. Das Klinikum Ernst von Bergmann engagiere die so genannten Honorarärzte „immer mal“, sagte Klinikums-Geschäftsführer Wilhelm Kahle auf PNN-Anfrage. Auf diese Weise versuche das Klinikum Spitzen abzufangen, zum Beispiel, wenn durch Erkrankungswellen zu viele der 300 fest angestellten Ärzte ausfallen. „Dann holen wir uns Leihpersonal.“ Aber das seien keine planbaren Einsätze.
Ähnlich sieht es im katholischen St. Josefs-Krankenhaus mit 70 angestellten Ärzten aus. Leihärzte kämen dort nicht regelmäßig, sondern nur im äußersten Notfall im Einsatz, erklärt Krankenhaus-Chefin Adelheid Lanz. Aber ungefähr ein Monat pro Jahr würde mit Honorarkräften bestritten. „Der Trend nimmt zu“, sagt Lanz. „Wir suchen Ärzte: Anästhesisten, Frauenärzte. Wir haben fünf offene Stellen.“ Aber es gebe zum einen immer weniger Mediziner. Und zum anderen scheine die Arbeit auf Honorarbasis bei ihnen immer beliebter zu werden. „Sie wollen so schneller gutes Geld verdienen“, sagt Lanz.
Zwischen 50 und 120 Euro Brutto könne ein Honorararzt pro Stunde verdienen, sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes der Honorarärzte, Nicolai Schäfer. Ein angestellter Arzt würde laut Schäfer dagegen nur um die 30 Euro verdienen, rechnete man sein Brutto-Tarifgehalt in einen Stundenlohn um. Im Einsatz seien die Leihärzte einen einzelnen Tag oder aber auch eine ganze Woche. Sie helfen auf den Stationen, bei Operationen, übernehmen Bereitschaftsdienste oder sitzen im Notarztwagen.
Noch häufiger als in Potsdam würden Leihärzte in den ländlichen Regionen Brandenburgs, aber auch in Berlin eingesetzt, sagt Schäfer. Die Zahl der Leihärzte steige bundesweit. 3000 gebe es bereits. Der Potsdamer Anästhesist, der selbst als Leiharzt arbeitet, hat darum in diesem Jahr den Verband gegründet. Auch die Jobvermittler haben dieses Thema für sich entdeckt. Laut Schäfer gebe es bereits 30 Agenturen, die sich auf das Thema Honorarärzte spezialisiert haben. Sie heißen beispielsweise „hire-a-doctor“, auf deutsch: „Stell einen Doktor ein“ .
Schäfer sieht in der Leihärzteschaft bereits eine „neue Art der Selbstständigkeit“. Die Ärzte könnten so dem Kliniktrott entfliehen. Der Alltag im Krankenhaus gleiche heutzutage Fließbandarbeit, sagt Schäfer. Als Honorarkraft könne ein Arzt dagegen seine Zeit freier einteilen. Und die Belegschaft in den Krankenhäusern freute sich in der Regel auf ihre freiberuflichen Kollegen, weil sie Entlastung brächten.
Noch allerdings seien Leihärzte nicht verpflichtet ihrem Auftraggeber Gesundheitszeugnisse oder Fortbildungsnachweise vorzuzeigen, so Schäfer. Sein Verband schlägt vor, das zu ändern. Kliniken sollten künftig diese Nachweise von ihnen verlangen können. Nur so könne man in den Krankenhäusern die Qualität der medizinischen Behandlung auch mit Leihärzten sichern.
Juliane Wedemeyer
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