zum Hauptinhalt

Von Erhart Hohenstein: Neues Palais als Gesamtkunstwerk

Innenausstattung der Prunkräume wird bis zum Friedrich-Jubiläum 2012 weiter ergänzt

Stand:

Zum 300. Geburtstag Friedrichs des Großen soll das Neue Palais in Teilen wieder als repräsentatives Rokokoschloss gezeigt werden. Dafür werden Festsäle und Prunkräume, so im Unteren Fürstenquartier, bis zum Jahr 2012 saniert und restauriert. Ebenso wichtig ist eine Innenausstattung, die dem friderizianischen Original entspricht. Dies verdeutlichte Burkhardt Göres, in der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Direktor der Schlösser und Sammlungen, in einem Vortrag vor der Studiengemeinschaft Sanssouci.

Nach dem Ende der Monarchie konnten die Königsschlösser dem Publikum als Gesamtkunstwerke vorgestellt werden. Sie waren von den Hohenzollern nicht als „leere Hüllen“, sondern mit einem großen Teil der Kunstwerke und ihres anderen Inventars an den preußischen Staat übergeben worden. Damals wurde für sie die Bezeichnung Museumsschlösser geprägt. Wie Göres erzählte, entsprach die Einrichtung am Ende der 1920er Jahre derart weitgehend der friderizianischen Zeit, dass für das Neue Palais ein 1789 bei Nicolai erschienener Schlossführer 140 Jahre später mit nur geringen Kommentierungen wieder aufgelegt werden konnte.

Damit war nach Kriegsende 1945 Schluss. Die von den sowjetischen Volkskommissariaten für Kunst und für Volksbildung gebildeten Trophäenkommissionen ließen aus Ostdeutschland nicht weniger als 2,5 Millionen Kunstwerke als Kriegsbeute in die Sowjetunion verbringen. Die Potsdamer Schlösser traf es besonders hart. Allein das Neue Palais verlor vier Fünftel seines Bestandes. Auch als die Sowjetunion im Jahr 1958 1,5 Millionen Objekte zurückgab, erhielt Potsdam nur einen bescheidenen Anteil. Bis heute verzeichnet die Stiftung laut Göres unter anderem 3000 Gemälde, dazu 500 kostbare Rahmen, 2700 Grafiken und 2000 Möbelstücke als „Kriegsverluste“.

Immerhin brachte die Aktion 1958 mehr als 500 teils sehr wertvolle Gemälde in die Schlösser zurück, darunter „Die Heilige Familie mit dem Korb“ von Rubens und „Die Ausgießung des Heiligen Geistes“ von van Dyck. Auch Kostbarkeiten wie 23 der einst 30 Schneeballvasen aus Meißner Porzellan oder fünf barocke Polstergarnituren aus dem Stadtschloss fanden sich in den Transportbehältern.

Mit nach Potsdam zurückgeführten Kunstschätzen, für die bis 1963 in den Neuen Kammern ein „Museum des Potsdamer Rokoko“ eingerichtet war, konnten Ausstattungslücken auch im Neuen Palais geschlossen werden. Die einst im Stadtschloss stehenden Polstergarnituren bereichern die Blaue Kammer, das Tassenkopfzimmer, das wieder mit 14 kleinformatigen Gemälden ausgestattet wird, und die Fleischfarbene Kammer, wo außerdem zurückgekehrte Schneeballvasen zu bewundern sind. Die Jagdkammer im ersten Obergeschoss erhielt drei von einst 12 Sesseln zurück, ein vierter fand sich nach der Wende in der Wohnung eines russischen Offiziers in Gera an.

Nach der deutschen Wiedervereinigung kehrten zahlreiche Stücke, die während des Kalten Krieges in Ost oder West zurückgehalten wurden, an ihren originalen Ort zurück. Wie Göres berichtete, werden zudem im internationalen Kunsthandel immer wieder Gemälde und andere Kunstwerke, darunter aus dem Neuen Palais, zum Kauf angeboten. Die meisten davon hatten sich russische, aber auch amerikanische und englische Offiziere am Kriegsende privat angeeignet. Mit Sponsorenhilfe gelingt der Stiftung hin und wieder der Rückkauf, so bisher für 12 Gemälde. Für die Prunkräume des Palais werden außerdem bis 2012 Gemälde, andere Kunstwerke und Mobiliar restauriert.

Schon ins Palais zurückgekehrt sind die so genannte Pompadouruhr und die Drei-Grazien-Kommode aus dem 18. Jahrhundert. Auf weitere Rückgaben aus Russland kann die Stiftung dagegen kaum hoffen, nachdem das russische Parlament 1998 die Kriegsbeute zu rechtmäßigem Staatseigentum erklärt hat, stellte der Schlösserdirektor klar.

Bei der Präsentation zum Friedrichjubiläum 2012 wird die fast 30 Jahre bis 1918 andauernde Nutzung des Neuen Palais in der Kaiserzeit als Sommerresidenz Wilhelms II. wohl kaum eine Rolle spielen. Eine Problematik besteht laut Göres darin, dass der Kaiser bei der Übersiedlung ins holländische Exil die Ausstattung der Wohnräume weitgehend mitgenommen habe. Sie ist jetzt in seinem späteren Wohnsitz Museum Huis Doorn zu sehen.

Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })