Links und rechts der Langen Brücke: Neues Schloss, alte Kämpfe
Guido Berg denkt, dass die politischen Parteien den Bürgern beim Thema Landtagsschloss ein Schaulaufen bieten, das zum Weglaufen animiert
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Das Landtagsschloss- Projekt wirkt wie ein Prisma auf das Licht. Sonst farblos, spaltet ein Prisma das Licht in seine Spektralfarben auf: Rot, grün, blau Beim Landtagsschloss ist es ähnlich: Bieten die politischen Parteien sonst ein Bild des Einerlei, ein bisschen grün gleich öko, ein bisschen gelb gleich liberal, ein bisschen rot gleich sozial, ein bisschen schwarz gleich konservativ. Macht zusammen: farblos, wie das Licht. Farblos zu sein muss unerträglich sein. Nur wie sich unterscheiden? Es muss etwas her, das die Gründungsmythen der Parteien bedient, ein Stein, der die alten Messer schärft. Etwas mit Symbolkraft, etwas wie – das Schloss! „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ tönt es da bei den Linken. Seit Jahren schmückt sich die PDS als keusche Koalitionsbraut – und will doch so gern die rote Zora sein mit ihrer Bande, die Lara Croft der Entrechteten. Da taucht ein Schloss am Horizonte auf, endlich, Don Quichottes Rosinante kriegt nun wieder die Sporen! Auch bei der CDU leuchten die Augen: Ein Schloss! Inbegriff des Schönen, Zeichen einer Zeit, da manches besser war. Ein König Friedrich II. plus Demokratie, das wäre es doch. Also baut es! Aber bitte rein nach Knobelsdorff? Nein, nein, das haben sie nicht gesagt, nicht offiziell, nicht bei den Abstimmungen, in denen die Stadtschlosskoalition zweimal nicht zustande kam. Es gab Abweichler, ob sie von der CDU kamen ist unklar, entspräche aber der Prismen-Logik. Und die SPD? „Nicht Fisch, nicht Fleisch“, lautet das Vorurteil über sie und dass sie für ein klares und entschiedenes „Jein“ steht. Wie also verhält sich die SPD dazu? Na prismenlogisch, sie wird sich treu: Halb modern, halb klassisch. Landtag ja, aber keinen modernen Bau, ein Schloss ja, aber nicht den reinen Knobelsdorff, die originalgetreue Kopie. Diese fordern die Grünen – völlig überraschend. Sollten die Grünen allem nicht lockerer gegenüber stehen, quasi wie Joschka dereinst mit Turnschuhen? Tun sie aber nicht. Sind sie am Ende doch die besseren Konservativen? Immerhin war Joschka Fischer zuletzt nur noch in Nadelstreifen zu sehen. Die Andere wiederum wollte ganz anders sein und trat bei den Kommunalwahlen als Politzirkus auf. Falk Richter als Napoleon, selten so gelacht. Dann merkte die bunte Truppe, dass Kommunalpolitik eine wichtige Sache ist und machte ernsthaft mit. Stichwort Trambrücke, ihre Kritik daran ist Oppositionsarbeit vom Feinsten. Doch beim Schloss kann auch sie nicht anders; sie kehrt mit ihrer konkurrierenden Bürgerbefragung in die Manege zurück. Ihr gelingt ein genialer Coup, aber, wie gesagt, selten so gelacht. Seriös und konstruktiv ist ihr Aktionismus nicht. Und was ist mit den Bürgern? Während die Parteien glauben, sie schärften ihr Profil, bietet sich ihnen ein anderes Bild. Es ist das einer politischen Klasse, die in Spiegelfechtereien versunken ist – und nun sogar die Bürger bittet, den Streit zu schlichten. Wenn die sich zahlreich weigern und die Fragebögen nicht zurück schicken – wen würde es wundern?
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