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Hat in Potsdam ein steinernes Comic entdeckt: Gästeführerin Gabriele Fairon führt auf ihrem Stadtrundgang am Sonntag ihre Gäste zum Marmorpalais, wo die Nibelungensage in Stein gemeißelt ist.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Nibelungen am Marmorpalais

Am heutigen Weltgästeführertag wird im Neuen Garten eine besondere Geschichte erzählt

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Innenstadt - Gabriele Fairon erzählt ihren Gästen nicht immer die Wahrheit. Sie lügt das Blaue vom Himmel herunter. Zum Beispiel, dass der einst königliche Kutscher Johann Georg Pfund, dessen Porträt am Kutschstall auf dem Neuen Markt zu sehen ist, gerädert und gevierteilt wurde. Erkennen die Teilnehmer ihrer Stadtführungen den Schwindel, können sie ihr symbolisch die blaue Karte zeigen.

Die Farbe blau war das zentrale Thema des Weltgästeführertages vor zwei Jahren und inspirierte Fairon zu einer „Lügentour“ durch Potsdam, die sie noch immer im Programm hat. In diesem Jahr heißt das Motto, unter dem Fremdenführer am Sonntag weltweit Besucher und auch Einheimische durch ihre Heimatstadt führen: Menschen und Märkte. Der Fantasie, so animiert der Bundesverband der Gästeführer in Deutschland seine Mitglieder, seien keine Grenzen gesetzt. Und so locken Potsdamer Fremdenführer auf Marktplätze und alte Handelsstraßen oder zu Plätzen, an denen von Menschen erzählt wird. Und da hat sich Gabriele Fairon einen ganz speziellen ausgesucht, wo eine – bislang kaum zu sehende – Bildergeschichte erzählt wird. „Helden sind auch nur Menschen“ hat sie ihre Tour genannt, die zum Marmorpalais in den den Neuen Garten führt und wo sich ein besonderes „Comic“ befindet: An der restaurierten, lange Zeit verhüllten Fassade befinden sich Figuren und Gesichter der Nibelungensage, die die uralte Geschichte von Liebe und Treue, Hass und Rache erzählen. Fairon wird ihren Gästen erzählen, dass es Friedrich Wilhelm IV. war, der am Seitenflügel des Palais die Motive gestalten ließ.

Ihr Potsdam-Wissen hat die einstige Schwimmtrainerin aus unzähligen Büchern und Publikationen. Die Brandenburgica, die von der Stadt- und Landesbibliothek als bedeutendste Literatursammlung des Landes Brandenburg gepriesen wird, lobt Fairon als unschätzbare Quelle. Wissen werde sie jedoch nie genug. „Geschichte ist nie etwas Fertiges und immer streitbar“, sagt sie. Fairon ist eine der wenigen unter den 90 Gästeführern des Vereins „Potsdam Guide“, die ihre Stadtrundgänge auch für behinderte und blinde Gäste anbietet. „Um ihnen Architektur zu erklären, arbeite ich viel mit Maßen und Metaphern“, sagt sie. Auch Pappmodelle von den Häusern des Holländischen Viertels oder vom Nauener Tor hat sie angefertigt, die sie ihren blinden Gästen in die Hand gibt. In Sälen der Neuen Kammern in Sanssouci klatscht sie von verschiedenen Positionen aus in die Hände, um einen Eindruck von der Raumgröße zu vermitteln. Und Sichtachsen erklärt sie Blinden als eine Gasse, in der Bäume und Hecken stehen und an deren Ende sich Gebäude, Skulpturen oder Fontänen befinden.

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