Landeshauptstadt: „Nicht mehr wegzudenken“
Der Potsdamer Klinikchef Steffen Grebner über IT im Krankenhausalltag
Stand:
Herr Grebner, Sie wollen zentral auf dem Gelände des Ernst-von-Bergmann-Klinikums innovative IT-Firmen ansiedeln. Was versprechen Sie sich davon?
Health-IT-Lösungen sind aus dem Krankenhausalltag nicht mehr wegzudenken. Wir als Klinikum Ernst von Bergmann bieten IT-Start-ups auf unserem Gesundheitscampus in Potsdam ein Zuhause. Gemeinsam mit Wissenschaftlern, Ärzten, Pflegekräften und Mitarbeitern aus der Verwaltung arbeiten wir vor Ort Hand in Hand an innovativen IT-Projekten. Als Partner an der Seite der IT-Start-ups profitieren wir als erster von Prozessoptimierungen und den neuen IT-Produkten. So können wir unsere klinischen Arbeitsabläufe im Sinne der Patienten- und Mitarbeiterorientierung weiter verbessern. Das sorgt für mehr Zufriedenheit. Dabei ist es unter Ziel, gute Ideen auf die praktischen Nutzerbedürfnisse zu übertragen und so helfen, IT-Produkte und Dienstleistungen mit zu entwickeln, die dann nicht nur regional, sondern auch international zu vermarkten sind.
2013 hatten Sie sich die weitgehende Digitalisierung des Krankenhausbetriebs zum Ziel gesetzt. Um welche Bereiche geht es und wie weit sind Sie?
Neue Health-IT-Lösungen widmen sich einer ganzen Reihe von Anwendungen, die wir im Gesundheitspark Ernst von Bergmann bereits nutzen oder gerade einführen. Hierzu gehören Telemedizin und Verfahren zur Prozessoptimierung ebenso wie Technologien für das Handling großer Datenmengen entlang der gesamten Behandlungskette. Aber auch die digitale Dokumentation und elektronische Krankenakte, die wir am heutigen Dienstag am Standort Potsdam einführen, bieten viele Prozess- und Qualitätsvorteile.
Wo liegen die Vorteile der elektronischen Krankenakte?
Die elektronische Krankenakte, kurz eKA, bietet gerade einem Schwerpunktversorger unserer Größe eine Reihe an Vorteilen und neuen Möglichkeiten in der Dokumentation. So ist die Krankenakte jederzeit verfügbar und abrufbar. Die verantwortlichen Ärzte und Pflegekräften können diese kontinuierlich von ihren Arbeitsplätzen, aber auch dem mobilen, IT-gestützten Visitenwagen einsehen und bearbeiten. Die Zeit für das Suchen und Transportieren der Akten entfällt und entlastet die Mitarbeiter. Die digitale Verfügbarkeit der Patientendaten in Echtzeit steht allen mitbehandelnden Ärzten zur Verfügung. Dies unterstützt den interdisziplinären Behandlungsvorgang von der Diagnose bis zur Therapie und trägt wesentlich zu einer noch besseren und schonenderen Patientenversorgung bei.
Mit einem höheren Grad der Digitalisierung steigt auch der Anspruch an den Datenschutz. Was tut das Krankhaus für den Schutz persönlicher Daten?
Im Zusammenhang mit der Einführung der eKA ist ein dezidiertes Zugriffsrechtekonzept in enger Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten des Klinikums entwickelt und umgesetzt worden. Hierin sehen wir eine notwendige Voraussetzung, um diesen Weg sicher zu gehen und die Patientendaten zu schützen. Im Rahmen der technischen Umsetzung der Digitalisierung haben wir uns eng mit den Kollegen des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf ausgetauscht, die das Gütesiegel für Informationssicherheit „ISO 27001-Zertifikat auf Basis von IT-Grundschutz“ erhalten haben, das vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) an Unternehmen vergeben wird.
Ist es denkbar, dass in absehbarer Zeit auch chirurgische Routineeingriffe nur noch computergesteuert stattfinden?
Derzeit existieren computergestützte Operationssysteme, die die Haptik des Operateurs unterstützen oder filtern. Einzelschritte einer OP können computergestützt vorgenommen werden, setzen aber die Überwachung und Steuerung durch den Operateur voraus. Alle Systeme sind noch außerordentlich teuer, in aller Regel verlängert sich die Operationszeit. Bisher ist nicht bewiesen, dass die Qualität bezüglich der medizinischen Ergebnisse besser ist. Ganz im Gegenteil hat sich herausgestellt, dass bei verschiedenen Verfahren die hergebrachte Operationsvariante zu besseren klinischen Ergebnissen führt. In absehbarer Zeit ist es wenig wahrscheinlich, dass computergesteuerte Eingriffe die üblichen Behandlungsverfahren ersetzen. Sollte dies in größerem Umfang technisch möglich sein, ist es notwendig, zunächst klinische Studien aufzulegen, um den Vorteil für den Patienten evidenzbasiert zu beweisen. Erst dann ist mit einer flächendeckenden Änderung von etablierten Behandlungsverfahren zu rechnen.
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