Von Günter Schenke: Nicht nur für Reiche und Schöne
Oberbürgermeister im SPD-Ortsverein für Stern, Drewitz und Kirchsteigfeld
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Am Stern – Wem das Herz voll ist, dem geht sprichwörtlich der Mund über. Oberbürgermeister Jann Jakobs sprudelte die Erfolgsstory der „Landeshauptstadt Potsdam“ am Mittwochabend im Bürgerhaus Sternzeichen förmlich aus sich heraus: Einwohnerzuwachs, kinderfreundlichste Stadt, Kitaplätze seit 1990 verdoppelt, Spitze in der Wissenschaft und bei der Stadtsanierung. Sogar die Wirtschaft kommt gut weg, obwohl Potsdam laut aktueller Analyse der Zeitschrift „Capital“ unter 60 Großstädten das Schlusslicht sein soll.
Jakobs sprach auf einer Versammlung des SPD-Ortsvereins Stern, Drewitz, Kirchsteigfeld, um Punkte für die Nominierung als Oberbürgermeister-Kandidat zu sammeln. An dem Votum der Genossen bestehen kaum Zweifel. Für die als öffentlich angekündigte Veranstaltung reichte allerdings die „Wohnstube“ im Bürgerhaus aus: 25 Anwesende, darunter einige „Offizielle“ und Linke mit dem vermutlichen Haupt-Mitbewerber um das Oberbürgermeisteramt Hans-Jürgen Scharfenberg.
Amtsmüdigkeit ist bei Jakobs bei diesem Termin wenig zu spüren; er kann die Erfolge sozialdemokratischer Stadtpolitik der letzten zwanzig Jahre frei und mit Temperament aufsagen. Der vom Sozialarbeiter zum Oberbürgermeister aufgestiegene Beamte, der seit nunmehr fast acht Jahren an der Stadtspitze steht, ist anzumerken, dass er um weitere acht Amtsjahre mit aller Emphase kämpfen will.
Der Neubau-Stadtteil im Süden der Stadt liege ihm besonders am Herzen, lässt er durchblicken und erwähnt die seit Jahren schwelende „Gartenstadt Drewitz“, die jetzt mit Grünarbeiten in der Konrad-Wolf-Allee startet. In Zukunft sei nicht nur die Modernisierung der Plattenbauten, sondern auch zusätzlicher Wohnungsbau vorgesehen. Brigitte Oldenburg (Die Linke) fürchtet als Folge eine massive Verdrängung Geringverdiener durch steigende Mieten. Jakobs widerspricht. Selbst wenn die Mieten steigen, werde die Erhöhung durch niedrigere Betriebskosten kompensiert, versichert er. Und: „Potsdam ist für alle da, nicht nur für Reiche und Schöne“, so der Sozialdemokrat. Die Sogwirkung der „Reichen und Schönen“ auf das Wachstum und den Aufschwung der Stadt, die nach der Prognose noch dieses Jahr die 154 000-Einwohner-Marke erreichen soll, sei nicht zu unterschätzen wie auch das historische Flair, das durch die Gestaltung der Potsdamer Mitte noch anziehender werde. „Ich will nicht über die Stauchung des Stadtschlosses sprechen“, sagt Jakobs und tut es dann doch: Das Schloss als Landtagssitz werde in den Abmessungen wie das frühere Knobelsdorff-Bauwerk errichtet. Aufgrund einer „fotometrischen Analyse“ seien die historischen Ausmaße abgesichert. Die vermeintliche „Stauchung“ sei eine Irritation aufgrund unterschiedlicher Messmethoden.
Die wenigen Einwendungen und Kritiken der Anwesenden notiert Jakobs auf einem Zettel. Es sind eher kleinere Sorgen wie das wilde Parken und die mangelnde Ordnung, die in der Versenkung verschwundene Lärmschutzwand an der Nuthestraße und die Sanierung von Schultoiletten. SPD-Unterbezirksvorsitzender Mike Schubert lenkt das Augenmerk des Oberbürgermeisters auf den schlechten Straßenzustand in der Neuendorfer Straße und anderswo. Die Sorge scheint nicht unbegründet, dass Straßenzustand und Verkehr mit den nervenden Staus an Brücken und Hauptverkehrsadern bei der Wahl am 19. September ein Zünglein an der Waage sein könnten.
Günter Schenke
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