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Von Heinz Kaiser: Nicht zu heiß gebacken 50 Jahre IGV: Verfahren senkt Acrylamidgehalt

In diesem Jahr wird das Institut für Getreideverarbeitung (IGV) in Nuthetal 50 Jahre alt. Wissenschaftler des Instituts stellen in den PNN ihre Forschungsprojekte vor.

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In diesem Jahr wird das Institut für Getreideverarbeitung (IGV) in Nuthetal 50 Jahre alt. Wissenschaftler des Instituts stellen in den PNN ihre Forschungsprojekte vor.

Der gesundheitsschädliche Stoff Acrylamid entsteht in Lebensmitteln, die reichlich Kohlenhydrate wie Stärke und vor allem reduzierende Zucker und die Aminosäure Asparagin, die ein Baustein von Eiweißen ist, enthalten. Weitere Voraussetzungen für die Bildung von Acrylamid sind die Zubereitung bei Temperaturen über 120 Grad und ein niedriger Wasserhaushalt. Das trifft bei Produkten zu, die von vornherein wasserarm sind oder bei denen das Wasser während der Erhitzung verdampft, wie das etwa bei flachen Keksen und in Gebäckkrusten der Fall ist. Diese Bedingungen sind beim Frittieren, Backen und Braten von Kartoffel- und Getreideprodukten, die von Natur aus viel Stärke und Asparagin enthalten, gegeben.

Besonders betroffen sind Pommes frites, Rösti, Bratkartoffeln und Kartoffelchips. Je stärker gebräunt die Erzeugnisse sind (dunkle Farbe, krosse Kruste), desto mehr Acrylamid können sie enthalten. Acrylamid wurde ebenfalls in Mais-Chips, Cornflakes, Popcorn, Brot, Knäckebrot, Toastbrot, Zwieback, Keksen, Knabbergebäck, Kaffee- und Kakaopulver sowie in der Panade von Fischstäbchen und in Kuchen gefunden. Dabei ist es gleichgültig, ob die Lebensmittel industriell, im Handwerksbetrieb, in der Gastronomie oder im Haushalt zubereitet werden.

Die Forschung geht davon aus, dass Acrylamid beim Menschen eine nervenschädigende Wirkung haben kann, wenn mehr als 500 Mikrogramm Acrylamid je Kilogramm Körpergewicht dauerhaft aufgenommen werden. Eine krebsfördernde Wirkung wird bei einer Aufnahme von 100 Mikrogramm pro Kilo Körpergewicht angenommen. Ein Grenzwert für den Gehalt von Lebensmitteln an Acrylamid wurde aufgrund der noch nicht ausreichenden Erkenntnisse zur gesundheitlichen Wirkung auf den Menschen bislang für Lebensmittel nicht festgesetzt. Es werden im Sinne einer Risikovorsorge jedoch jährlich Signalwerte durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ermittelt, auf deren Grundlage die zuständigen Behörden der Bundesländer mit Herstellern besonders hoch belasteter Produkte in einen Dialog zur Minimierung der Produkte treten.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Acrylamidproblematik hat sich das Institut für Getreideverarbeitung (IGV) mit zwei Forschungsprojekten im Rahmen der industriellen Gemeinschaftsforschung (AiF) mit Universitäten und Bundesforschungseinrichtungen mit den Möglichkeiten der Reduzierung des Acrylamidgehaltes befasst. Der Schwerpunkt der Untersuchungen im Institut lag dabei auf extrudierten Snackerzeugnissen, etwa Erdnussflips, sowie bei Back- und Dauerbackwaren.

Es wurde herausgefunden, dass Acrylamid vorrangig in der Kruste von Backwaren gebildet wird. Neben der Auswahl von Rohstoffen, etwa Mehle, die geringere Asparagingehalte aufweisen, spielt vor allem der Verarbeitungsprozess eine Rolle. Eine Verlängerung der Gärdauer von Teiglingen sowie die Senkung der Backtemperatur im Rahmen der erzeugnistypischen Qualitätsmerkmale kann wesentlich zur Senkung des Acrylamidgehaltes von Backwaren beitragen.

Durch entsprechende Maßnahmen in der industriellen und handwerklichen Backwarenproduktion konnten die Acrylamidgehalte in den letzten Jahren wesentlich gesenkt werden, wie die Untersuchungen im Prüflabor des IGV gezeigt haben. Für die Herstellung von Backwaren, Pommes frites und ähnlichem im eigenen Haushalt empfiehlt sich das Backen bei Temperaturen um 180 Grad sowie das Vermeiden einer starken Bräunung. Auch beim Toasten sollten die Brotscheiben „vergoldet“ und nicht geröstet werden.

Der Autor ist langjährig in der stofflichen Forschung und Entwicklung im Backwarenbereich der IGV GmbH tätig. Er arbeitet auch als anerkannter Gutachter für Forschungs- und Entwicklungsprojekte.

Heinz Kaiser

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