Potsdamer Fashionsweek: Nichts für kleine Mädchen
Für die Potsdamer Fashionweek haben es acht Models in die letzte Runde geschafft. Einfach war das Casting aber nicht.
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„Versucht mal, etwas strenger zu laufen und nicht so verträumt. Das ist jetzt hier nichts für kleine Mädchen“, fordert Karl-Rainer von der Ahé, Chef der Veranstaltungsagentur Catwalk Impact, seine Models auf. Inmitten des Seminarraums positioniert er zwei Stühle, um den imaginären Laufsteg abzugrenzen. „Manche Designer wollen einen ganz anderen Laufstil sehen“, sagt von der Ahé und erklärt den Mädchen die neue Choreografie. Nacheinander laufen sie dann zur Musik wie bei einer richtigen Fashionshow. „Nach vorn gucken, Brust raus, Kopf hoch!“, schallt es aus der Jury. Gelaufen wird mal im Kleid, mal in enger Jeans, mit Highheels oder barfuß – aber immer ohne BH. Laut von der Ahé sei das ganz normal in der Modelbranche: „BHs können die Figur enorm verändern. Wir wollen die Mädchen so, wie sie wirklich aussehen.“
Fotografieren, laufen, messen – rund 15 Bewerberinnen für die Potsdamer Fashionweek stellten sich am vergangenen Samstag im Kongresshotel den kritischen Blicken der vierköpfigen Jury. Zwischen 16 und 22 Jahre alt sollten die Auserwählten sein, mindestens 1,75 Meter groß und in Konfektionsgröße 34 bis 36 passen. Ein bestimmter Typ wird für die Potsdamer Modewoche aber nicht gesucht. „Ob blond- oder braunhaarig, ist uns egal“, sagt Chefassistentin und Personalmanagerin Julia Lutter. „Viel wichtiger ist die Bühnenpräsenz der Mädchen“, findet von der Ahé. Für ihn sind vor allem unentdeckte Schönheiten reizvoll. Mädchen, die ihr Potenzial selbst noch gar nicht erkannt haben, zu denen die Oma kommt und sagt: „Bewirb dich doch mal!“ Die unauffälligsten seien oft die interessantesten, sagt von der Ahé. Doch die seien schwer zu finden.
Fast alle Bewerberinnen kennen das Modelbusiness bereits. „Manche Mädchen haben das Hobby Casting, für andere ist das Casting selbst die Fashion Week.“, erklärt von der Ahé. Die 16-jährige Lena ist das Küken in der Runde – und die Einzige ohne Erfahrung. „Ich kenne mich ja nicht so aus, aber es sieht alles sehr professionell aus.“, sagt die Zehntklässlerin über ihr erstes Casting. Dass sie trotz ihrer Unerfahrenheit eingeladen wurde, hat sie besonders überrascht. Von den anderen Mädchen will sie sich dennoch nicht verunsichern lassen. „Ich versuche, die Kritik der Jury umzusetzen und nicht persönlich zu nehmen.“, sagt Lena. Ihr Vorbild ist das internationale Topmodel Gisele Bündchen. „Sie ist sehr schön und hat ihren eigenen Stil“, findet die Schülerin aus Ferch. Und wenn es mit dem Modeln doch nicht klappt? „Erst mal Abi machen und danach vielleicht irgendwas mit Medien studieren“, antwortet Lena. Ihre Klassenkameradinnen haben ihr jedenfalls prophezeit: „Lena, du wirst mal Model!“
Nur eine Potsdamerin beim Casting
Mit der Auswahl der Models will von der Ahé auf der Modewoche eigentlich einen Bezug zur Region herstellen. Doch die meisten Mädchen kommen aus Berlin. Die 20-jährige Anna-Lea ist die einzige Potsdamerin unter den Castingteilnehmerinnen. Für das Modeln hatte sich die Bornstedterin eigentlich nie besonders interessiert – bis sie vor vier Jahren auf einer Berliner Jugendmesse von einer Agentur entdeckt wurde. „Es ist ein tolles Gefühl, auf Castings Komplimente zu bekommen und zu wissen, dass man so etwas nur wegen seines Aussehens machen darf“, sagt Anna-Lea. Dennoch – ihre Ausbildung zur Tierpflegerin will sie auf keinen Fall vernachlässigen. Hauptberuflich als Model zu arbeiten, kommt für sie nicht infrage. „Der Tierschutz liegt mir am Herzen. Dafür möchte ich mich auch später engagieren“, sagt die Auszubildende.
Gegen 13 Uhr wird ein letztes Mal aussortiert. Acht Mädchen haben es geschafft. Auf die Frage, ob er mit seiner Auswahl zufrieden sei, antwortet von der Ahé salomonisch: „Es ist so, wie es ist.“ Die Varianz der Figuren und Typen ist groß – auch die Leistungsunterschiede zwischen den Mädchen. „Da muss noch viel gemacht werden“, sagt von der Ahé. „Letztlich orientiert sich der Stand an denen, die am besten sind.“ Ob Profi oder Einsteiger, am Ende erwarte man von allen Models das Gleiche.
Modemacher aus aller Welt zeigen in Potsdam ihre Mode
Vom 20. bis 22. Januar kommt der Ableger der Berlin Fashion Week, eine der fünf wichtigsten Modemessen weltweit, nach Potsdam. Unter dem Titel „Potsdam Now. Fashion!“ stellen 16 Models die Kollektionen internationaler Designer in der Schinkelhalle auf dem Kulturareal in der Schiffbauergasse vor. Insgesamt sind bis zu 14 Shows von Modemachern aus Israel, Polen und Finnland geplant.
Für die Mädchen starten die Vorbereitungen bereits zwei Tage vor Beginn der Fashion Week. Laufstegtraining und Stilberatung stehen bis dahin noch auf dem Programm. Auch am lästigen Hüftspeck, der sich über Weihnachten angesetzt habe, müssten die Mädchen laut von der Ahé noch arbeiten. „Der Designer glaubt nichts, was auf Setcards steht, er hat immer ein Maßband dabei“, sagt der Veranstalter und lacht.
Mareike-Vic Schreiber
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