Landeshauptstadt: Niemeyer-Bad: Neue Details, neue Kritik
Stadtwerke stellen Planung im Internet vor / Architektenbund: Sixties-Science-Fiction statt Baukultur
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Innenstadt - Sieben Saunen innen, vier außen, Wellenbad, Erlebnisbad und eine wettkampffähige Schwimmhalle mit Sprunganlage und Kinderbecken – das alles und noch mehr unter vier Kuppeln und einem Dach ergibt das 30 Millionen Euro teure Freizeitbad am Brauhausberg nach Entwurf des brasilianischen Stararchitekten Oscar Niemeyer. Veröffentlicht wurden die detaillierten Planungen jetzt auf der Internetseite der Stadtwerke Potsdam. Damit wirbt der Bauherr Stadtwerke in der Öffentlichkeit um eine positive Resonanz für das geplante Bad.
Auf eine Entscheidung des Landes über die Finanzierung muss der Bauherr jedoch weiter warten: Die Landesinvestitionsbank (ILB) prüft die Fördermittelanträge der Stadtwerke noch immer und wird laut Sprecher Matthias Haensch auch im Dezember keine Entscheidung mehr darüber fällen. Die Stadtwerke wollen für den Neubau 24 Millionen Euro Fördermittel von Europäischer Union, Bund und Land bekommen. Dass die Entscheidung 2006 nicht mehr fällt, wird in der Potsdamer Stadtverwaltung bedauert. Jedoch gebe es keinen Zeitdruck mehr wegen förderrechtlicher Bedingungen, heißt es. Einzig der selbstgesteckte Zeitplan mit Baubeginn im Juli 2007 und Fertigstellung im Jahr 2009 könnte sich erneut verschieben.
Seit zwei Jahren arbeiten Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Paffhausen an der Umsetzung des Niemeyer-Entwurfs, seitdem werden die Pläne „modelliert“ – um Geld zu sparen. Denn das Finanzministerium hatte dem Entwurf vor einem Jahr architektonisch bedingte Mehrkosten attestiert, woraufhin das Wirtschaftsministerium eine Förderung ausschloss. Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) hat jedoch inzwischen die Blockade aufgehoben, die neuen Pläne werden geprüft. Von anfangs 48 Millionen sind die Kosten auf geplante 30 Millionen Euro reduziert worden. Wie Paffhausen immer betonte, ohne dass das Bad an Attraktivität verliert.
Eine der vier Kuppeln soll nach Angaben der Stadtwerke einem Erlebnisbad mit Sprudelbecken, Wasserfall und Klettergerüst Platz bieten. Die zweite überdacht das Wellenbad mit zwei Rutschen und Kletterwand. Eine kleine Kuppel ist für den Eltern-Kind-Bereich geplant, eine große mit 1500 Quadratmetern Fläche als Sauna-Wellness-Dome. Darin sollen sich Rosensauna, Brauhausberg-Jahreszeitensauna, Copa-Sauna, Meditations-Bio-Sauna, Kräuterbad, Sanatorium und Dampfbad befinden. Im Außenbereich sollen eine Salzsauna, Vitaminsauna, Wiesenkräuter-Sauna und Erd-Kamin-Sauna sowie ein Ruhehaus errichtet werden. Eine Galerie ist als Verbindung der einzelnen Kuppeln geplant – sie soll mit Liegen und Restaurantbereich ausgestattet sein.
Der Niemeyer-Entwurf mit seinem „dezentralen“ Kuppel-Konzept ist jedoch nach wie vor umstritten. Nicht zuletzt, da er ohne Architekturwettbewerb und ohne Ausschreibung an Niemeyer vergeben worden ist. Zwar gilt er bei den Stadtvätern als gelungener Entwurf für die sensible Potsdamer Innenstadt, beim Bund Deutscher Architekten stößt er dagegen noch immer auf wenig Gegenliebe. Im Bau-Netz, dem Online-Portal des Architekten-Bundes, heißt es bezogen auf die Planungen, die derzeit auf ihre Förderfähigkeit überprüft werden: Diese „zeigen banale Architektur-Versatzstücke, die man von einer Messebaufirma erwarten würde". Die Stadt habe auf einen Bilbao-Effekt gehofft, „tatsächlich sehen wir vier verschieden große und schematisch verglaste Kugelsegmente, die an Schalenbauten von Heinz Isler in der Schweiz erinnern – Sixties-Science-Fiction, aber kein Beitrag zur aktuellen Architektur“, so schreiben die Architekturkritiker. Die Galerie zwischen den Kuppeln bezeichnen sie als „Flachbau“, das Ruhehaus als „eine entsetzlich banale, kreisrunde Keksdose, die man auf dem Hof einer Gebrauchtwagenhandlung im Gewerbegebiet verorten würde, aber nicht am Potsdamer Brauhausberg“.
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