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WEIMERS Woche: Nomen est Omen

Wolfram Weimer ist gegen den Namen Konrad Wolf für die Film-Uni

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Die Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF) will Deutschlands erste Filmuniversität werden. Das ist eine gute Nachricht, denn der Medienstandort kann Ambition gut gebrauchen. Schließlich steht in Babelsberg die größte und älteste Medienhochschule Deutschlands. Damit sie auch die modernste und erfolgreichste wird, dürfte sich einiges ändern – bis hin zum Namen. Der soll künftig „Babelsberger Filmuniversität“ lauten und nicht mehr „Konrad Wolf“. Auch das ist eine kluge Entscheidung, obwohl die Alt-Kader-Linken für ihre Ikone aus stählerner Zeit nun einen Namensstreit vom Zaun brechen. Konrad Wolf war gewiss ein legendärer Filmemacher. Aber er war eben auch ein zwiespältiger Kulturpolitiker der SED-Diktatur. Während sein Bruder Mischa den Geheimdienst des Unrechtsstaats führte, präsidierte Konrad die Kulturszene. Von 1965 bis zu seinem Tod 1982 war er Präsident der Akademie der Künste. Als mächtiger Mann in der DDR setzt er sich zuweilen zwar für Kollegen ein, die mit dem Regime in Schwierigkeiten geraten. Aber immer wenn es um die Kernfrage von Freiheit und Menschenrecht geht, steht er treu auf Seiten der Kader-Partei und nie auf der der Opfer. Konrad Wolf verteidigt offen den brutalen Einmarsch der Warschauer Pakt-Staaten beim Prager Frühling, das Niederwalzen der zarten Demokratiebewegung durch sowjetische Panzer. Konrad Wolf revoltiert natürlich auch nicht, als das Regime 1966 fast die gesamte DDR-Jahresfilmproduktion im Tresor wegschließen lässt. Er rechtfertigt vielmehr immer wieder Zensur und Repression, selbst als diese den Dissidenten Robert Havemann unter Hausarrest stellt. Er verteidigt am Ende sogar die Zwangsausbürgerung von Liedermacher Wolf Biermann, auch wenn ihn sein schlechtes Gewissen darüber zu seinem letzten – endlich halbwegs kritischen – Kinofilm „Solo Sunny“ treibt. Kurzum: Konrad Wolf hatte seine große Zeit in der engen Diktatur des 20. Jahrhunderts; in der weltoffenen Demokratie des 21. Jahrhundert wäre er als Bannerträger künstlerischer Freiheit geradezu grotesk. Mal abgesehen davon, dass die Zeit der Bannerträger insgesamt vorbei ist. Film-Universität ist Film-Universität. Das reicht.

Wolfram Weimer schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor ist Chefredakteur des Magazins „Cicero“ und lebt mit seiner Familie in Potsdam.

Wolfram Weimer

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