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Landeshauptstadt: „Nostalgische Betrachtung nervt“

Schauspielerin Nadja Uhl über den Umgang mit der DDR-Vergangenheit

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Die Potsdamer Schauspielerin Nadja Uhl sieht in historischen Filmen „eine Auseinandersetzung mit den eigenen Wurzeln“. Uhl, die in Stralsund geboren wurde und in Potsdam lebt, spielt die Hauptrolle im ZDF-Film „Ein weites Herz“. Darin geht es um die Geschichte der Kabarettistin und Ordensschwester Isa Vermehren (1918-2009/PNN berichteten).

Sie spielen eine Frau, die erst Kabarettistin, dann Ordensschwester und Schulleiterin war. Wie haben Sie Ihre eigene Schulzeit erlebt?

Natürlich in dem Widerspruch, mit dem wir damals alle aufgewachsen sind: dass offiziell zu DDR-Zeiten gewisse politische Regularien eingehalten werden mussten und inoffiziell alle wussten, dass es sich um Phrasen handelt. Man hielt zusammen und man wusste, wer die Phrasen verbreitet. Diejenigen Lehrer waren besonders beliebt, die authentisch waren unter den politischen Verhältnissen. Als junger Mensch spürt man sehr stark, ob jemand ehrlich ist oder ein Werkzeug einer Ideologie. Das ist das Geschenk meiner Jugend und meiner Kindheit: Dass wir sehr früh Entscheidungen treffen durften, auch durch Lehrer, die widerstanden haben, sich der Macht anzubiedern.

Können Sie den Lebensweg Isa Vermehrens nachvollziehen, von der Kabarettistin zur Nonne – sie konvertiert ja?

Den Weg kann ich nachvollziehen im Spiegel der Zeit. Isa ist ein reflektierender Mensch, so würde ich mich auch empfinden. Ich hinterfrage die Dinge und glaube auch, dass Dinge einen höheren Sinn haben. Aber ich könnte mir persönlich so einen Glaubensweg überhaupt nicht vorstellen. Ich würde mich bei aller Bescheidenheit als Freigeist bezeichnen.

Sie drehen gerade außerdem „Der Turm“ nach dem Roman von Uwe Tellkamp. Haben Sie auch die neuen Bücher von Eugen Ruge und Judith Schalansky gelesen, es scheint ja gerade ein neues Interesse an der DDR-Thematik zu geben?

Die habe ich leider noch nicht gelesen. Aber ich bin sehr gespannt, ob es einen neuen, qualitativ hochwertigen Umgang mit diesem Kapitel deutscher Geschichte gibt, denn die nostalgisch verklärte, drollige Betrachtungsweise nervt ohne Ende. Das ist etwas, bei dem man sehr differenzieren muss. Ich finde, das macht jemand wie Roland Jahn (der Chef der Stasi-Unterlagenbehörde) im Moment sehr gut. Sein Spruch stimmt: ,Die Sonne scheint auch in der Diktatur.’ Aber eine Diktatur ist und bleibt eine Diktatur. Das wurde mir den vergangenen 20 Jahren bundesdeutscher Geschichte manchmal zu verniedlichend dargestellt.

Das Interview führte Caroline Bock

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