Von Dirk Becker: Nur die Wahrheit verschwiegen
Schon Ende November wusste die Verwaltung, dass sie für Waschhaus und Lindenpark mehr zahlen muss
Stand:
Die Frage war klar formuliert. Ändert sich mit den neuen Betreibern für den Lindenpark und das Waschhaus auch die Höhe der öffentlichen Förderung? Die Antwort war ebenso klar formuliert. Nein, an der Förderung für beide Standorte werde sich nichts ändern. Der Lindenpark wird weiterhin über 530 000 Euro, das Waschhaus über 300 000 Euro Fördergelder von der Stadt und dem Land pro Jahr erhalten.
Frage und Antwort stammen von einer Pressekonferenz Ende November, als die Potsdamer Stadtverwaltung mit der Berliner Stiftung Sozialpädagogisches Institut (SPI) und einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) die neuen Betreiber für die insolventen Kultureinrichtungen Lindenpark und Waschhaus vorstellte. Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, werden die beiden neuen Betreiber doch mehr Geld brauchen. Bei der Stiftung SPI für den Lindenpark ist von 300 000 Euro, bei der GgmbH für das Waschhaus von 100 000 Euro mehr die Rede (PNN berichteten). Wie sich nun herausstellt, war dies der Potsdamer Verwaltung auch schon auf der Pressekonferenz Ende November bewusst. Gesagt wurde das damals weder von der Kulturbeigeordneten Gabriele Fischer noch von der Sozialbeigeordneten Elona Müller. Von Lüge will hier niemand sprechen, es wurde ja nur die Wahrheit verschwiegen.
Andreas von Essen, designierter Geschäftsführer für die Stiftung SPI im Lindenpark, verwehrt sich gegenüber den PNN, dass die derzeit stattfindenden Gespräche mit der Potsdamer Verwaltung als Nachverhandlungen zu bezeichnen sind. „Die Mitglieder der Jury, die über die neuen Betreiber für Lindenpark und Waschhaus entscheiden sollten, haben die eindeutige Aussage erhalten, dass die Stiftung SPI mit dem aktuellen Budget nicht in der Lage ist, den Lindenpark vernünftig zu betreiben“, sagte von Essen. Die Stiftung SPI habe, wie die Bewerber der gGmbH für das Waschhaus, ein Konzept vorgelegt, in dem sowohl die inhaltliche Ausrichtung als auch der finanzielle Aufwand dargelegt wurden. Der Verwaltung war somit klar, dass sie bei einer Entscheidung für die Stiftung SPI und die gGmbH mit Mehrkosten rechnen muss. Bei der Pressekonferenz jedoch wurde dies seitens der Verwaltung verschwiegen. Aber warum haben die neuen Betreiber hier nicht widersprochen?
Andreas von Essen erklärte, dass er sehr wohl darauf hingewiesen habe, indem er damals gesagt habe, dass noch viele Detailfragen zu klären seien. Das Thema Finanzen habe er bewusst nicht konkret angesprochen, da ja noch Gespräche mit der Verwaltung stattfinden sollten und man die Verwaltung über die Öffentlichkeit nicht unter Druck setzen wollte. Dass es sich bei dieser Förderung um öffentliche Gelder handelt, weiß von Essen. Von Lüge will hier niemand sprechen, es wurde ja nur die Wahrheit verschwiegen.
In Potsdams Stadtverwaltung nachgefragt, ist sich niemand einer Schuld bewusst. Sowohl Müller als auch Fischer haben in der vergangenen Woche direkt und indirekt erklärt, dass es mehr Geld für Waschhaus und Lindenpark geben wird. Was soll da noch die leidliche und sinnlose Fragerei nach der Pressekonferenz vom November? Gut. Wird für die freien Träger wie T-Werk und das Tanzzentrum „fabrik“ in der Schiffbauergasse ebenfalls das Budget erhöht, wenn das Waschhaus mehr Geld erhält?
„Hierzu gibt es Gespräche in der Haushaltsplanung“, sagte Gabriele Fischer den PNN. Doch müsse hier erst eine Entscheidung abgewartet werden.
Sabine Chwalisz, künstlerische Leiterin in der „fabrik“ und Jens-Uwe Sprengel, künstlerischer Leiter im T-Werk, bestätigten gegenüber den PNN, dass die Stadt im vergangenen Jahr an sie herangetreten sei mit der Bitte, Konzepte vorzulegen, in denen auch finanzielle Missstände angeführt werden sollen.
„Das haben wir getan und sind guter Hoffnung, dass hier endlich Bewegung in eine jahrelange Diskussion kommt“, so Sprengel. In der Vergangenheit habe man versucht, mit den geringen finanziellen Mitteln auch neue Ideen umzusetzen. „Doch allein auf Idealismus kann niemand ewig bauen“, sagte Sprengel. Sollten nur Waschhaus und Lindenpark in Zukunft mehr Geld erhalten, wäre dies ein eindeutiges Signal für Chwalisz und Sprengel. „Dann müssen wir unsere Angebote zurückschrauben“, sagte Sabine Chwalisz.
Dirk Becker
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