POSITION: Nur im Interesse der Großen
Kommunalverfassung: Dreier-Koalition will Bürgermitwirkung aushebeln Von Heinz Lanfermann
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Die vom Geschäftsführer der SPD- Kommunalpolitiker Christian Maaß (PNN vom 23. Februar 2008) gegen die Kritik von Jürgen Stelter an der neuen Kommunalverfassung vorgebrachten Argumente können nicht überzeugen. Sie spiegeln genau die Haltung der ganz großen Dreier-Koalition im Landtag von SPD, CDU und Linke wieder, die mit der Anhebung der Mindestgröße für Fraktionen in Kreistagen und kreisfreien Städten – wie bereits im Fall Landesrechnungshof – nur ihre eigenen Interessen verfolgt haben. Durch die Verdoppelung der für die Fraktionsbildung Mindestzahl an Mandaten von zwei auf vier werden die Arbeitsbedingungen und politischen Wirkungsmöglichkeiten kleinerer Parteien und Wählervereinigungen drastisch verschlechtert.
Herr Maaß suggeriert, nur Fraktionen bestimmter Größe garantierten gute und effiziente Arbeit. Wenn er dabei auf ein angebliches Missverhältnis von Sitzungsdauer und -intensität einerseits und Ertrag andererseits in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung abstellt, kennt er sich dort offenbar nicht aus. In Potsdam sind gerade die kleineren Fraktionen überaus aktiv und greifen oft wichtige Themen und Bürgeranliegen schneller auf als die großen.
Die Behauptung, die Rechte des einzelnen Abgeordneten würden nicht berührt, ist schlicht falsch. Wer im Ausschuss nur Stimmrecht hat, wenn er sich mit politisch anders orientierten zwangsweise zusammenschließen muss, ist natürlich schlechter gestellt als bisher. Wenn behauptet wird, die Ausschüsse hätten ohnehin überwiegend nur beratenden Charakter, geht dies an der Realität vorbei. Presse und Öffentlichkeit achten sehr genau darauf, wie in den Fachausschüssen diskutiert und abgestimmt wird. Denn Mehrheiten können sich in Ausschussberatungen verändern. Dafür kann man aber nur mit einem eigenen Stimmrecht sorgen. Schon heute sind kleine Fraktionen strukturell benachteiligt. Ihre Mandatsträger arbeiten im Durchschnitt mehr, weil sie bei geringerer Mitgliederzahl genauso viele Themen und Termine bewältigen müssen. Zugleich haben sie weniger Zuarbeit, weil ihnen weniger Geld zur Verfügung steht. Dabei ist völlig unverständlich, dass man in Bundes- und Landtagen schon mit fünf Prozent eine Fraktion bildet, in Brandenburgs Städten und Kreisen aber selbst acht bis neun Prozent nicht ausreichen sollen. Schließlich ist die Erhöhung der Fraktionsmindestgröße auch kein „Kompromiss wie alles in der Politik“ (Maaß). Mit den Betroffenen hat niemand gesprochen oder gar verhandelt. Wo soll da ein Kompromiss gewesen sein, wenn SPD, CDU und Linke die kleineren Parteien und Bürgergruppen gezielt geschwächt haben – übrigens unter geschickter Vermeidung jeder öffentlichen Diskussion getan.
Die Behauptung, die Arbeitsfähigkeit werde verbessert und einer Zersplitterung der politischen Kräfte vorgebeugt, ist bloße Schutzbehauptung. Aus gutem Grund gilt bei Kommunalwahlen die Fünf- Prozent-Klausel nicht. Anders als in den überörtlichen Volksvertretungen soll hier die Bürgerbeteiligung gestärkt und einem möglichst breiten Meinungsspektrum Gehör verschafft werden. Wenn dies SPD, CDU und Linken nicht gefällt, wird es höchste Zeit für mehr Vielfalt im Landtag.
Der Autor ist Bundestagsabgeordneter und Landesvorsitzender der FDP
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