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Landeshauptstadt: „Nur noch Scharfrichterfunktion“

Aktuelle Haushaltsdebatte ganz im Zeichen der Kulturpolitik

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Aktuelle Haushaltsdebatte ganz im Zeichen der Kulturpolitik Die Haushaltssituation von Potsdam verschlechtert sich weiter. Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (SPD) informierte den Finanzausschuss am Mittwoch Abend über den neuesten Stand: Statt der ursprünglich geplanten 19 Millionen strukturelles Defizit droht der Stadt mittlerweile ein Jahresminus von 37 Millionen Euro - fast das Doppelte. Neueste Hiobsbotschaft: Die Ausgaben im Sozialbereich werden um etwa zwei Millionen über dem Planansatz liegen. Exner betonte, dass mit der 11-prozentigen Haushaltssperre im Verwaltungshaushalt theoretisch 38 Millionen Euro gesperrt wurden. Darunter befänden sich jedoch viele pflichtige Ausgaben, so dass jetzt intensive Sparbemühungen in den Bereichen, „wo noch gespart werden kann“, anstünden. Ziel müsse es sein, wenigstens auf ein Jahresdefizit von unter 25 Millionen Euro zu kommen. Exner betonte zugleich, dass die Vorbereitung des Haushalts für 2004 gleich mehrfach problematisch sei. „Vieles ist ungewiss.“ So drohe der Stadt eine Rückzahlung von im Jahr 2002 zu viel erhaltenen Zuschüssen an das Land in Höhe von etwa acht Millionen Euro. Er bat um Verständnis für die Haushaltssperre und um einen „sorgsamen Umgang“ mit den Geldern. Dessen ungeachtet beharrte die PDS auf ihrem Antrag, die Haushaltssperre für die freien Kulturträger von elf Prozent auf zwei Prozent zu beschränken. Kreischef Jura Schöder begründete dies mit der Situation der Einrichtungen. „Zwei Prozent Sperre sind hinnehmbar – alles darüber nicht mehr.“ Weitere pauschale Kürzungen würden dazu führen, dass es nur noch darum gehe, „welches Projekt zuerst stirbt“. Allerdings war Schöder auf Anfrage nicht in der Lage, ein existenziell bedrohtes Kulturprojekt zu benennen. Siegmar Krause (PDS) sprach angesichts der Haushaltsentwicklung davon, dass es ohnehin nicht mehr gelingen werde, alle Einrichtungen zu erhalten. „Es geht schon nicht mehr um Prioritätensetzung – wir haben nur noch die Scharfrichterfunktion.“ Er sprach sich dafür aus, Kultureinrichtungen nach dem Wirkungsgrad zu bewerten, also danach, wie sie von der Bevölkerung angenommen werden. Sowohl Stefan Bruch (CDU) wie auch Schöder verwiesen jedoch darauf, dass es Aufgabe des Kulturbereichs mit der Beigeordneten Gabriele Fischer sei, diese Prioritätensetzung vorzunehmen. Bruch: „Wir haben eine hauptberufliche Scharfrichterin, die muss Vorschläge erarbeiten.“ Schöder forderte einen Kulturentwicklungsplan, der die Prioritäten setze. Gerhard Meck, Bereichsleiter Kultur, erklärte daraufhin, dass der geforderte Plan in Arbeit sei. Derzeit fänden Anhörungen statt, in denen die Kulturträger über ihre Situation und Perspektiven informierten. Bruchs Vorschlag, für einige ausgewählte Kulturträger auf drei Jahre angelegte Zuwendungsverträge anzubieten, damit diese Planungssicherheit bekommen, wurde zwar angenommen, jedoch in abgeschwächter Form. Exner hatte zu bedenken gegeben, dass in der jetzigen ungewissen Haushaltssituation feste vertragliche Bindungen unseriös seien. Der Abschluss solcher Verträge soll nunmehr zumindest angestrebt werden. Der Ausschuss empfahl außerdem die Annahme eines Antrags von Saskia Hüneke (Bündnis 90/Grüne), der den Oberbürgermeister beauftragt zu prüfen, ob eine Kulturstiftung – die aus Vermögensverkäufen und Spenden gebildet werden soll – die „dauerhafte Sicherung des Kulturhaushaltes auf dem Niveau des Jahres 2003“ gewährleisten kann. Über den Antrag der PDS wurde auf Wunsch von Schöder nicht abgestimmt. Er soll jedoch in der nächsten Stadtverordnetenversammlung zur Abstimmung gestellt werden. Exner plädierte für einen Mittelweg: für eine zunächst nur geringe Absenkung der Sperre im Kulturbereich, später solle dann geprüft werden, ob doch noch weitere Mittel freigegeben werden könnten. „Nur zwei Prozent Sperre – das geht nicht.“ M. Erbach

M. Erbach

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