Landeshauptstadt: Oberlin-Chefin suspendiert
Aufsichtsrat gegen Pfarrerin Wiefel-Jenner: Differenzen über Ausrichtung
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Babelsberg – In einer überraschenden und offenbar dramatischen Aktion hat der Aufsichtsrat des Vereins Oberlinhaus am Donnerstag seine Chefin, Pfarrerin Katharina Wiefel-Jenner, beurlaubt. Nach nicht einmal einem Jahr Amtszeit wurde die Vorstandsvorsitzende ihrer Funktion enthoben. Zu den genauen Gründen für diesen Schritt wollte sich gestern niemand aus dem Vorstand äußern. Offiziell hieß es, dass „unterschiedliche Auffassungen zur strategischen Ausrichtung des Vereins“ zu dieser Maßnahme geführt hätten.
In ihrer Sitzung am Donnerstag hatten die zwölf Aufsichtsratsmitglieder beschlossen, den Vertrag mit Frau Wiefel-Jenner nicht fortzusetzen. Er läuft jetzt Ende Januar 2007 aus. Diese Entscheidung sei aber „kein Schnellschuss“ gewesen, betonte Thomas Barta, Vorsitzender des Gremiums, auf PNN-Anfrage. Man habe sich diesen Schritt nicht leicht gemacht und im Vorfeld viele Gespräche geführt, „sowohl mit Mitarbeitern, als auch mit Menschen von außen“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende.
Wiefel-Jenner selbst schien aber von den Vorgängen nicht informiert gewesen zu sein. Die Entscheidung des Aufsichtsrates traf sie völlig unerwartet, wie aus ihrem näheren Umfeld bekannt wurde. Nach PNN-Informationen werde Wiefel-Jenner ihre Entlassung nicht hinnehmen. Vielmehr soll sie bereits rechtliche Schritte erwägen. Auch soll sie den Bischof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, kontaktiert haben. Die 47-Jährige hatte sich gestern in ihre Wahlheimat nach Hamburg zurückgezogen. Erst in der kommenden Woche wolle sie sich zu den Vorgängen äußern.
Dass die Vorstandsvorsitzende mit sofortiger Wirkung suspendiert wurde, geschehe auch zum „Schutz der betroffenen Person“, sagte der Vorsitzende des Aufsichtsrates. Wenn eine solche Entscheidung getroffen worden sei, müsse sie mit der notwendigen Konsequenz ausgeführt werden. Bis zum offiziellen Ende der Vorstandstätigkeit nehme Katharina Wiefel-Jenner ihren Resturlaub und sei für die übrige Zeit frei gestellt, so Barta. Zu den näheren Gründen, die offensichtlich zu einem Zerwürfnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstandsvorsitzender geführt haben, wollte Thomas Barta keine Angaben machen. Er werde jetzt keine Beispiele nennen, erklärte er. Differenzen habe es einige gegeben.
Bis zu einer Nachbesetzung der Stelle werde in Kürze ein kommissarischer Vorsitz bestellt. Eine Neubesetzung bedürfe längerer Vorbereitungszeit, erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende. Über das weitere Vorgehen werde man sich in der kommenden Woche verständigen.
Vor wenigen Tagen erst war der Verein Oberlinhaus in die Schlagzeilen geraten, nachdem die zum Verbund des Diakonisches Werkes Berlin-Brandenburg zählende Einrichtung aus dem geltenden Tarifvertrag ausstieg (PNN berichteten). Dass die Beurlaubung der Vorstandsvorsitzenden im Zusammenhang mit dem Tarifausstieg stehen könnte, dementierte der kaufmännischer Leiter des Vereins Oberlinhaus, Andreas Koch: „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“
Katharina Wiefel-Jenner war erst im Februar dieses Jahres als Nachfolgerin des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Pastor Wilhelm-Friedrich Pape eingesetzt worden. Pape war mehr als 20 Jahre Leiter des Babelsberger Oberlinhauses mit rund 1000 Beschäftigten gewesen.
Nicola Klusemann
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